Empfehlen wirkt – aber nur im richtigen Rahmen!
Das Werbeverbot für Ärzte für Dritte war seit jeher sehr restriktiv geregelt.
Autoren:
DDr. Karina Hellbert, LL.M.,
Mag. Paul Kessler, LL.M.FIEBINGER POLAK LEON RECHTSANWÄLTE
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Nach Art 1 WerbeRL 2004 war es dem Arzt verboten, eine „das Ansehen der Ärzteschaft beeinträchtigende Information“ zu erteilen. Darunter fiel insbesondere eine „Werbung für Arzneimittel, Heilbehelfe und sonstige medizinische Produkte sowie für deren Hersteller und Vertreiber“ (Art 3 lit d der Richtlinie). Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes (OGH) führten diese strengen Bestimmungen dazu, dass dem Arzt jedes Empfehlen eines konkreten Gewerbebetriebes bereits verboten war (4 Ob 34/14z – Shop in Ordination).
Empfehlungen aussprechen
Die 1. Änderung der Werberichtlinie vom 21.12. 2015 entschärfte das Werbeverbot. Nunmehr ist es Ärzten erlaubt, „sachliche, wahre und das Ansehen der Ärzteschaft nicht beeinträchtigende Information über Arzneimittel, Heilbehelfe und sonstige Medizinprodukte sowie über deren Hersteller und Vertreiber in Ausübung des ärztlichen Berufes“ zu erteilen. In einer neuen Entscheidung (4 Ob 133/16m) musste sich der OGH erstmals mit dieser Bestimmung auseinandersetzen. Ein Optiker klagte einen Facharzt für Augenheilkunde, weil der Augenarzt seinen Patienten regelmäßig statt dem Kläger einen anderen Optiker im Ort nahelegte. Hatte der Arzt den Eindruck, dass die Patienten nur begrenzte Mittel hatten, empfahl er überhaupt eine bestimmte Optikerkette. Einem vom Kläger beauftragten Detektiv empfahl er ebenfalls, sich an einen anderen Optiker als den Kläger zu wenden.
Der Arzt selbst hatte sich niemals negativ über den Kläger geäußert. Die Empfehlungen des Arztes waren meistens sachlich bedingt, etwa durch Verweis auf die Produktvielfalt oder bestimmte Leistungen, die nur die anderen Optiker anboten. Motiv des Arztes war jedenfalls immer das Patientenwohl, der Arzt bezog keinen Vorteil aus den Empfehlungen. Begründend stützte sich der OGH im Wesentlichen auf die erfolgte Änderung und dass der Arzt nun Betriebe und deren Leistungen nennen darf. Der Arzt darf die Leistung des Betriebes auch bewerten. Unzulässig ist es lediglich, dass der Arzt ungefragt bestimmte Betriebe empfiehlt oder sich von sachfremden Motiven leiten lässt.
Massenaussendungen verboten
Was bedeutet dies nun in der Praxis? Der Arzt darf auf Nachfrage des Patienten sachliche und wahrheitsgemäße Informationen über Produkte und deren Hersteller dem Patienten zukommen lassen. Er darf sich auch über die Qualität der Produkte und Hersteller sachlich äußern. Den Arzt trifft auch nicht die Pflicht zur Gleichbehandlung der verschiedenen Marktteilnehmer. Wenn der Arzt hingegen in seiner Ordination Produkte selbst vertreibt, wie Nahrungsergänzungsmittel oder Kosmetika, ist insbesondere darauf zu achten, dass die Eigenschaften dieser Produkte nicht besonders hervorgehoben werden, da hier oftmals vermutet wird, dass sich der Arzt von sachfremden Motiven, nämlich dem eigenen Umsatz, leiten lässt. Diese Entscheidung ändert aber nichts an den einschlägigen Regelungen zur Bewerbung der eigenen Leistung über klassische Kanäle, Internet, E-Mail oder Social Media. Bei letzteren dreien gilt es, weiterhin auch das Telekommunikations- wie auch das Mediengesetz zu beachten. Massen-E-Mails an Patienten sind daher immer noch nicht zulässig.
Die neue OGH-Entscheidung scheint auch auf den ersten Blick zu einer verstärkten Kooperation zwischen Ärzten und der Industrie einzuladen. Der Spielraum der Zurverfügungstellung von objektiver und sachlicher Information durch den Arzt, auch aufgrund von durch die Industrie vorbereiteten Patientenbroschüren, hat sich sicherlich verbreitert. Aber das Patientenwohl geht wie immer vor und von sachfremden Motiven darf sich der Arzt keinesfalls leiten lassen, wenn er den Patienten auf Nachfrage diese Informationen zur Verfügung stellt.