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Die Last mit der Regel

Massive Regelschmerzen können vielfältige Ursache haben – entsprechend divers sind auch die Therapieoptionen. Ergänzend zu zahlreichen schulmedizinischen Therapieoptionen sollten auch alternativmedizinische und psychologische Ansätze nicht unterschätzt werden.


Dr. Renate Hausleitner

Autorin: 
Dr. Renate Hausleitner
Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und Yogatherapeutin, Nansengasse 10
2620 Neunkirchen

In der Praxis begegnen wir Gynäkologen einem häufigen Beschwerdebild bei Frauen, die jeweils monatlich unter ausgeprägter Dysmenorrhö leiden. Man versteht darunter starke Schmerzen im Unterbauch kurz vor und während der Regelblutung, häufig auch in Kombination mit migräneartigen Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Kreislaufstörungen. Viele Frauen leiden so massiv darunter, dass sie ohne Schmerztabletten erst gar nicht außer Haus gehen, die beruflichen und häuslichen Tätigkeiten müssen unterbrochen werden. Sie sind grundsätzlich mit Analgetika ausgerüstet, um von der Regelblutung nicht überrascht zu werden, haben sich aber oftmals längst mit ihrer monatlichen Ausnahmesituation arrangiert.

Vielfältige Ursachen

Die Dysmenorrhö ist ein Symptom, das viele verschiedene Ursachen haben kann. Nach dem Zeitpunkt des Auftretens unterscheidet man zwischen primärer Dysmenorrhö – die Menstruationsblutung war von Anfang an schmerzhaft – und sekundärer Dysmenorrhö – die Menstruationsblutung wurde erst in späteren Jahren aufgrund unterschiedlicher Ursachen schmerzhaft. Solche Ursachen könnten organisch oder auch psychisch bedingt sein. Eine organische Ursache ist zum Beispiel die Endometriose. Hier finden sich kleine und auch größere Areale der Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutter im kleinen Becken und bei jeder Regel bluten diese verschleppten Areale in die freie Bauchhöhle und verursachen Verklebungen und in der Folge davon Spannungen zwischen den Organen und Bändern des kleinen Beckens. Die Endometriose ist eine typische Form der sekundären Dysmenorrhö. Eine durch Endometriose bedingte Dysmenorrhö besteht meistens nicht seit der ersten Regelblutung, sondern entwickelt sich erst im Laufe der zweiten und dritten Lebensdekade. Eine weitere Ursache können Gebärmutterknoten, sogenannte Myome, sein, die, wenn sie intramural oder submukös sitzen, durch Ödematisierung zur Kapselspannung führen und Schmerzen verursachen. Seltenere Ursachen sind Entzündungen der Eierstöcke oder des umliegenden Bindegewebes, sogenannte parametrane Infiltrationen. Eine weitere erworbene Ursache können Verklebungen nach Operationen im Bereich der Gebärmutterhalses oder der Gebärmutterhöhle sein. Missbildungen des Uterus oder auch Lageanomalien der Gebärmutter sind eher seltenere Ursachen für Regelbeschwerden. Häufig ist aber auch keine organische Ursache der Beschwerden zu finden und die Annahme liegt nahe, dass die Ursache im psychischen Bereich der Frau zu suchen ist. Nachgewiesen wurde eine vermehrte Pros­taglandinsynthese des Endo und Myometriums und dadurch eine verstärkte Kontraktion des Uterus. Betroffen sind häufig Frauen unter psychischen Belastungssituationen. Familiäre, berufliche, partnerschaftliche Probleme oder auch unerfüllter Kinderwunsch können hier ursächlich sein.

Therapieoptionen

Schulmedizinisch gilt die These, dass Schmerzen durch Prosta­glandine vermittelt werden, daher setzt man Prostaglandinsyntesehemmer ein, um sie zu verhindern. Diese Schmerzmittel wirken meistens schnell und unmittelbar, die kausale Ursache bleibt aber unberührt. Eine weitere Möglichkeit wäre eine Therapie mit Hormonen, genauer mit Gestagenen, die ebenfalls eine Hemmung der Prostaglandinsynthese bewirken und auch zur Schleimhautatrophie führen. Daher vermindern sie die Blutungen und lindern die Schmerzen. Eine weitere häufig angewandte Therapie ist der Einsatz der Pille, da es durch den Ausfall der Ovulation zur leichteren, kaum schmerzhaften Blutungen kommt. Oder man verwendet die Pille überhaupt im Langzyklus und lässt mehrere Blutungen zur Gänze ausfallen.
In der Annahme einer psychischen Genese der Beschwerden wäre eine Psychotherapie anzudenken. Häufig will uns der Körper über die schmerzhafte Monatsblutung zeigen, dass wieder keine Empfängnis stattgefunden hat und der Schmerz der Verabschiedung des nicht benötigten Nestes tritt über den Regelschmerz ans Tageslicht. Trennungsschmerz tritt dort auf, wo der Trennung Widerstand entgegengesetzt wird. Häufig sind aber auch Regelschmerzen ein Symbol für Verletzlichkeit und ein äußeres Zeichen für den Wunsch nach Geborgenheit und Fürsorge. Frau und Mutter sein ist aber auch immer mit dem Thema des Hergebens und Loslassens verbunden. Bluten ist umgangssprachlich ja auch ein Ausdruck für „bezahlen“. Wird hier vielleicht immer noch für die Vertreibung aus dem Paradies bezahlt? Nicht nur die Geburt erfolgt unter Schmerzen, nein, Frau wird auch noch schmerzlich monatlich zur Bezahlung gebeten? Ist die schmerzhafte Menstruation ein Ausdruck der Zerrissenheit zwischen Beruf und Familie? Ist es nicht häufig so, dass gerade jene Frauen, die sich in der Doppelbelastung zerreißen, besonders leiden?

Alternativmedizinische Unterstützung

Untersuchungen haben auch ergeben, dass vor allem jene Frauen unter Dysmenorrhö leiden, deren Mütter ebenso diese Beschwerden hatten. Hier handelt es sich weniger um genetische, als vielmehr soziale Vererbung einer Familientradition. Ein Ausbrechen aus dieser Tradition könnte vielleicht Abhilfe schaffen, das Annehmen des Regelblutes als natürliche Reinigung des Körpers könnte ebenso helfen, den Teufelskreis zu durchbrechen.
Die alternativmedizinische Therapie ist ebenfalls ein wichtiger Punkt, die Beschwerden zu lindern, und sollte keinesfalls außer Acht gelassen werden. Lokale Wärmebehandlungen im Sinne von wärmenden Kompressen auf Unterbauch oder Lendenwirbelsäule führt zur Entspannung und Relaxierung der angespannten Muskulatur. Ebenso lindern einfache Körper- und Atemübungen aus der Yogatherapie die Intensität der Beschwerden. Mit der Rationalisierung durch den Verstand versuchen wir viele Leiden zu kontrollieren und zu unterdrücken. Erst, wenn wir bereit sind innezuhalten und hinzuschauen und unsere Beschwerden versuchen anzunehmen, gelingt es oft, eine Auflösung der Beschwerden zu erreichen.
Phytotherapeutisch wirkende Drogen wie Kamillenblüten, Melissenblätter oder Schafgarbe können als Tee oder auch zur äußerlichen Behandlung und Linderung der Beschwerden versucht werden. Der Frauenmantel als Anwendung im Sitzbad bringt ebenfalls eine Linderung der Bauchkrämpfe.
Schmerz will immer Zuwendung und bekommt sie auch zielsicher. Die Betroffenen sind gezwungen, sich um ihren Körper zu kümmern. Über die Schmerzen bekommt Frau die Möglichkeit, sich einmal im Monat zurückzunehmen, sich eine Auszeit zu gönnen.