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Die hohe Kunst der Status-Artisten

Jeder spielt mit seinem Status ein permanentes Spiel in der sozialen und auch kollegialen Rangordnung. Nur wem es gelingt, sich dieses Spiel bewusst zu machen, kann seinen Status auch verändern.


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Der Hamburger Managementrainer, Schauspieler und Regisseur Tom Schmitt und der Autor, Produzent und Dozent für Dramaturgie Michel Esser befassen sich in ihrem – inzwischen bereits in der sechsten Auflage erschienenen – Buch „Status-Spiele: Wie ich in jeder Situation die Oberhand behalte“ mit dem sozialen Phänomen Status.

Everybody‘s Darling?

Der Status prägt unser Zusammenleben. Die Autoren verstehen darunter „den Grad der sozialen Wertschätzung der Position eines Individuums oder einer Gruppe“ innerhalb der Rangordnung eines sozialen Systems. Wir teilen unseren eigenen Status in der sozialen Interaktion unentwegt mit – alle anderen tun das auch. Wir lesen den Status der anderen ständig aus ihren Verhaltensweisen heraus. Und sie tun das bei uns. Die Übermittlung der Status-Position erfolgt dabei auf zwei Ebenen: einerseits auf der Ebene von Wissen, Information, Funktion, Position, psychischer Stärke, Reichtum etc., andererseits über die Persönlichkeit, die sich wiederum über Gestik, Mimik, Stimme, Sprache, Wortwahl etc. manifestiert. Status-Heber, wie etwa Aussehen, Sportlichkeit, Kleidung, Auto und Wohnung werden im sogenannten täglichen Status-Spiel eingesetzt, um den eigenen Status in die erhoffte Position zu bringen. Nur, wer seine eigene Persönlichkeit und sein individuelles Können bewusst einsetzt, kann seinen eigenen Status selbst bestimmen und sich den nötigen Respekt verschaffen, um in Konfliktsituationen nicht zu unterliegen. Im täglichen Status-Spiel wird deutlich, dass derjenige, der seinen Status bewusst verhandelt, das Spiel eröffnet. Die Frage in diesem Spiel lautet: Bin ich bereit, mir Respekt zu verschaffen, auch auf die Gefahr hin Sympathien zu verlieren?

Status auf Autopilot

Das von den Autoren entwickelte Status-Modell kennt vier Komponenten: hoher und tiefer Status, innen und außen. Jede Kombination dieser Komponenten hat ihre ganz eigene Ausprägung. Wir vereinen in unterschiedlichen Situationen unseres Lebens alle vier Status-Typen in uns. Im Kern aber tendiert jeder zu einem bevorzugten Status. Den spielt er unbewusst – und scheinbar unausweichlich – immer wieder. „Solange wir das Spiel nicht auf die bewusste Ebene heben“, erläutern Schmitt und Esser, sind wir „schicksalhaft mit diesem Typus verbunden, ja an ihn gekettet. Er funktioniert wie ein Autopilot, der in sozial schwierigen Situationen automatisch die Führung übernimmt.“
Menschen mit hohem Status reden frei, ungezwungen, erlauben sich, andere auch zu unterbrechen, ihre Meinung in Frage zu stellen. Sie bewegen sich locker, gestikulieren, zeigen ein reges Minenspiel, beenden das Gespräch, wenn ihnen der Zeitpunkt gekommen scheint und ihnen danach ist. Der tiefe Status entsteht aus Respekt vor dem anderen oder aus dem unbedingten Bedürfnis nach Sympathie.
Ist der Status innen hoch, außen tief wird ein Konflikt gelöst. Der doppelte Hochstatus sucht den Konflikt. Ist der Status innen tief, aber außen hoch, wird der Konflikt verschärft. Bei doppeltem Tiefstatus wird der Konflikt gescheut. Generell gilt, dass das Motiv für einen tiefen Status der Wunsch nach Nähe und das Motiv für einen hohen Status Distanz darstellt.
Nur wer sich seiner Rolle im Status-Spiel bewusst ist, hat die Möglichkeit, diese auch im Bedarfsfall zu verändern. „Wer einen Wechsel zwischen tiefem und hohem Status beherrscht, verfügt über hohes diplomatisches Geschick und wirkt auf seine Mitmenschen oft charismatisch“, schreiben die Autoren.

Der Diplomat in uns

Die nach dem Modell für die Positionierung im beruflichen Umfeld bevorzugte Variante ist das in der Grafik markierte Dreieck oben links: Innen hoch und außen tief. Das erfordere zwar, davon sind die Autoren überzeugt, den größten Einsatz und Aufwand für die bewusst agierenden Status-Spieler, trage aber letztendlich reiche Früchte: „Innen hoch und außen tief bedeutet: Ich weiß, was ich will und verfolge dazu meine Ziele geschickt, klug und diplomatisch.
Der doppelte Hoch-Status besteht darin, dass jemand genau weiß, was er will und gleich von der ersten Sekunde an versucht, keinen Zweifel aufkommen zu lassen, wer das Sagen hat und wer den Gang der Dinge bestimmt. Die starre Fixierung auf die Bestimmer-Rolle mache es den doppelten Hochstatusmenschen schwer, meinen die Autoren, ein gewisses Maß an Diplomatie walten zu lassen, selbst dann, wenn es die Situation erfordern würde: „Diplomatisches Vorgehen ist für sie ungewohntes Terrain und freundlich zu sein nicht ihr Metier.“ Der doppelte Hochstatus sei somit zwar durchsetzungsstark, aber weit davon entfernt, ein „Status-Virtuose“ zu sein, da er aus der gesamten Palette der möglichen Status-Rollen nur diese eine beherrschen würde: Das zwingt ihn, bis zum Äußersten zu kämpfen und sich nie geschlagen zu geben. Er vermag nicht einzusehen, dass es einen anderen Weg als diesen einen geben könnte. Ist man sich dieser Tatsache bewusst, wird der doppelte Hochstatus zum interessanten und bezwingbaren Partner im Spiel um den hohen Status.“
Innen tief und außen hoch agiert jemand, der sich machtlos fühlt. Im Ausgleich zur inneren Kraftlosigkeit produziert man nach außen das gegenteilige Verhalten und tut so, als sei man stark.

Vom Spiel zum Kampf

Grundsätzlich nimmt jeder innerhalb einer sozialen Gruppe den Status an, von dem er glaubt, er könne ihn sich leisten, so die These der Autoren. Allerdings hat jedes Mitglied potenziell den Wunsch, seine Position zu verbessern. Eine einmal erlangte hohe Status-Position innerhalb einer Gruppe ist aber nicht auf längere Sicht garantiert, sondern muss immer wieder neu bestätigt und verteidigt werden.
Berufliche soziale Gruppen sind relativ festgefügt, durch Rituale und Abhängigkeitsverhältnisse geprägt. Die Mitspieler kennen einander gut. Ritualisierte Status-Spiele sind daher nicht leicht zu überwinden und machen einen Status-Wechsel deutlich schwieriger als etwa im privaten Bereich. Veränderungen eines Einzelnen werden da erst einmal nur zögerlich, wenn überhaupt, toleriert.
Vollkommen gleiche Status-Positionen gibt es weder im privaten noch im beruflichen Umfeld. Denn solange Status-Gleichheit herrscht, wird nicht gehandelt. Daher ist es sogar notwendig, ein entsprechendes Status-Gefälle herzustellen. Je geringer dabei das Status-Gefälle zwischen den handelnden Personen ist, umso spannender wird das Spiel, umso häufiger kommt es zu Status-Kämpfen. Ein geringes Gefälle bietet allen Beteiligten die Gelegenheit, jederzeit das Spiel zu gewinnen und die Karten dabei immer wieder neu zu mischen. Große Status-Unterschiede sind hingegen wenig spannungsreich, weil von vornherein feststeht, was geschehen wird.
Status-Spiele folgen – das gilt ganz besonders im beruflichen Umfeld – stets einer feinen, inneren Choreografie. Für jeden Spieler gibt es einen genau festgelegten Handlungsspielraum. Bewegt er sich innerhalb dieses Rahmens, gelingt ein harmonisches Zusammenspiel. Verlässt ein Spieler aber seinen Rahmen, dann führt das bei allen anderen Gruppenmitgliedern zu massiven Irritationen.
Diejenigen, die das Spiel beherrschen, werden von den Autoren Schmitt und Esser als „Status-Artisten“ geadelt: „Der Status-Artist bleibt seinem inneren Ziel treu und nutzt im äußeren Spiel jede Status-Position – tief oder hoch –, um sein Ziel zu erreichen.“ Die hohe Kunst des Verkaufens besteht etwa darin, tief zu spielen und im entscheidenden Moment in den hohen Status zu wechseln – um anschließend wieder tief zu spielen. Wirkungsvolle Instrumentarien sind in diesem Spiel Körperhaltung und Körpersprache. Mit der Einnahme einer anderen Körperhaltung wird oft auch unmittelbar eine andere Status-Position besetzt – vorübergehend oder dauerhaft. Wer sich dafür im Detail interessiert, dem sei die Lektüre des spannenden Buch durchaus empfohlen.           vw

Buchtipp

„Status-Spiele – Wie ich in jeder Situation die Oberhand behalte“ von Tom Schmitt & Michael Esser,
S. Fischer Verlag, ISBN 978-3-596-17980-0

Das Status-Modell

Das Status-Modell von Schmitt/Esser kennt zwei Achsen: Die Beziehungsachse mit den Ausprägungen Sympathie und Ablehnung und die Machtachse mit den Ausprägungen Durchsetzungsfähigkeit und Nachgiebigkeit. Quer durch das Modell verläuft die Trennlinie zwischen tiefem und höherem Status. Zudem unterscheidet das Modell zwischen innerem und äußerem Status: Wie fühle ich mich innen und wie stelle ich das nach außen dar?

Daraus ergeben sich vier unterschiedliche Haltungen:

  • Ich fühle innen hoch und spiele außen tief – der Charismatiker.
  • Ich fühle innen hoch und spiele außen hoch – der Macher.
  • Ich fühle innen tief und spiele außen hoch – der Arrogante.
  • Ich fühle innen tief und spiele außen tief – der Teamplayer.