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Diaetologische Leistungen „auf Krankenschein“

Ob transparentes Berufsregister für eine bessere Konsumenteninformation, der dringend benötigte Ausbau von diaetologischen Leistungen im niedergelassen Bereich durch die Sozialversicherung oder der Aufbau einer diaetologischen Forschung in Österreich, um international wettbewerbsfähig zu sein – der Nachholbedarf in der heimischen Gesundheitspolitik in Sachen Diaetologie ist groß.


Noch immer gibt es in Österreich für alle Berufsgruppen der gehobenen medizinisch-technischen Dienste – und damit auch für Diaetologen – kein verpflichtendes Berufsregister, wie es etwa bei Ärzten seit Jahren der Fall ist. Daher fehlt auch jegliche Information, wie viele Menschen in der jeweiligen Berufsgruppe arbeiten, wie viele von ihnen im intramuralen oder extramuralen Bereich arbeiten oder welche zusätzlichen Ausbildungen sie absolviert haben. Demzufolge gibt es in Österreich auch keine Grundlage für eine qualifizierte Bedarfsplanung. Die Präsidentin des Verbandes der Diaetologen Österreichs, Andrea Hofbauer, schätzt, dass derzeit rund 1.200 Diaetologen in Österreich tätig sind, davon zehn Prozent im niedergelassenen Bereich. Die Mitgliedschaft beim Verband der Diaetologen Österreichs ist freiwillig, daher gibt auch die Zahl der Mitglieder keine konkreten Hinweise auf die Marktlage. Den tatsächlichen Bedarf an Diaetologen schätzt Hofbauer weitaus höher ein. „Allein wenn ich an die epidemiologische Entwicklung von Krankheitsbildern wie Adipositas oder Diabetes, Krebs oder Herz-Kreislauf-Krankheiten denke, bei denen einer ernährungstherapeutischen Intervention große Bedeutung zukommt, kann der Bedarf mit 1.200 kaum gedeckt sein“, so Hofbauer. Sie fordert daher, dass die Registrierung als gesundheitspolitischer Auftrag gesehen und rasch gehandelt werden muss.
Die Erfüllung von ernährungstherapeutischen Aufgaben in den Krankenhäusern, sei es in stationärer oder ambulanter Betreuung, ist wegen rigider Sparmaßnahmen kaum mehr gegeben. „In der niedergelassenen Betreuung der Patienten klafft ebenfalls ein tiefes Loch. Die Eröffnung einer freiberuflichen Praxis gestaltet sich nämlich höchst schwierig, weil die meisten Leistungen für Patienten nicht auf Krankenschein zu beziehen sind und das, obwohl der Stellenwert von ernährungstherapeutischen Interventionen anerkannt ist und weiterhin steigt“, so die Präsidentin des Diaetologen-Verbandes.

Auf den Rücken der Patienten

Damit wird niederlassungswilligen Diaetologen die wirtschaftliche Basis entzogen und eine Praxisgründung findet gar nicht erst statt. „Leidtragende dieses Zustandes sind die Patienten, besonders sozial Schwache, Alte oder schwer Kranke haben so vielfach keine Möglichkeit, sich die notwendigen ernährungstherapeutischen Behandlungen zu leisten. Erforderlich ist eine Änderung des ASVG. Dazu fehlt jedoch der politische Wille“, so Hofbauer.
Zum Vergleich: In Deutschland gibt es im Sozialgesetzbuch V die Paragraphen 20 und 43, wonach sowohl zur Prävention als auch in der Ernährungstherapie durch die Krankenkassen bis zu 80 % der Kosten übernommen werden. Das unter der Voraussetzung, dass die Leistung durch staatlich anerkannte Ernährungsfachkräfte erbracht wird.
Im heimischen ASVG sind derzeit die Leistungen der Diaetologen noch immer nicht mit ärztlichen Leistungen freigestellt, wie das etwa bei Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden der Fall ist. Eine Gesetzesänderung ist daher vonnöten. Erst dann können Gespräche mit dem Hauptverband hinsichtlich einer Kostenübernahme diaetologischer Leistungen aufgenommen werden.

Im Gegensatz zu anderen Master-Studienlehrgängen an Universitäten oder auch an Fachhochschulen werden Master-Lehrgänge für MTD-Berufe nicht bundesfinanziert. Das bedeutet, dass diese Weiterbildungen für Angehörige der MTD-Berufsgruppen und damit auch für Diaetologen privat bezahlt werden müssen. Die Kosten für einen solchen zwei- bis zweieinhalbjährigen Lehrgang betragen zwischen 8.000 und 10.000 Euro.
Fehlende finanzielle Mittel machen sich auch in der Weiterentwicklung bemerkbar. Im Gegensatz zu Selbsthilfegruppen erhalten Berufsverbände der gesetzlich anerkannten Gesundheitsberufe auch keine staatlichen Förderungen. „Eine solche Förderung wäre sehr zu begrüßen, weil damit die ehrenamtliche Arbeit besser bewerkstelligt werden könnte und sie könnte gleichermaßen zur noch besseren Weiterentwicklung der Verbände beitragen. Und das wäre wiederum im Interesse der Gesundheitsversorgung“, gibt Hofbauer zu bedenken.

Forschung aktiv fördern

In Österreich steht die diaetologische Forschung noch am Anfang. In den USA , in Kanada oder in Skandinavien ist sie hingegen seit vielen Jahren durch die Akademisierung des Berufes professionalisiert, der Stellenwert der „Dietitians“ auch dadurch ein sehr hoher. So unterliegt etwa in den USA die Durchführung einer Ernährungstherapie einzig und allein den Clinical Dietitians. „Bis dahin ist es in Österreich noch ein weiter Weg. Erst 2005 wurde die Akademisierung des Berufes in Angriff genommen. Daher fehlen derzeit noch ausreichend Lehrende mit Forschungserfahrung“, weiß Hofbauer. Für sie wäre es durchaus denkbar, dafür Experten aus dem Ausland zu holen, um Forschungsprojekte in Schwung zu bringen. Selbstkritisch bemerkt die Präsidentin: „Genauso wird es aber am Berufsverband und damit an uns selbst liegen, die Mitglieder in Sachen Forschung zu motivieren, damit Österreich seine diesbezügliche aktuelle Schlusslichtposition möglichst rasch verbessert“.            rh

Foto: bildagentur waldhäusl