Der Garten als Imageträger
Bambus statt Thujen, Bonsai statt Apfelbaum und Buddha statt Gartenzwerg machen sich breit. So radikal wie er klingt, ist der Asien-Trend in heimischen Gärten dann wieder doch nicht. Er zeigt aber die Funktion des Gartens als Imageträger.
„Der Garten ist ein individuell und auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnittener Wohnraum – wie ein Innenraum“, sagt DI Stefan Schmidt, Landschaftsarchitekt aus Wien. Der persönliche Grünraum erfüllt eine Vielzahl von Zwecken wie etwa Repräsentation oder Rückzugsort. Der Besitzer möchte einen Teil seines Lebens dort verbringen und all das macht es so wichtig, ihn passend zu gestalten wie einen gebauten Raum und ihn entsprechend zu „möblieren“. „Was freilich im Garten anders abläuft als im Innenraum, ist, dass er sich im Laufe des Lebens und im Verlauf des Jahres verändert. Das will berücksichtigt werden“, ergänzt der Gartenexperte.
Ähnlich wie Innenwohnraum unterliegt die Gartengestaltung somit auch Trends, die zum Teil aus Lifestyle-Magazinen, aber auch aus Sehnsüchten oder Bewegungen erwachsen, die das Leben bestimmen. Derzeit ist ein verbreiteter Hang zum Minimalismus zu spüren, zur Schlichtheit und zum Purismus, der auch – aber nicht nur – in asiatischen Symbolen Ausdruck findet.
Buddha für die Schlichtheit
„Ich sehe keinen Trend zu asiatischen Elementen“, stellt Schmidt klar. Dass allerdings selbst in Baumärkten und Einrichtungshäusern allerorts Buddhastatuen, Bonsais und Bambus herumstehen und auch gekauft werden, kann er nicht leugnen. Für Schmidt steht der Buddha aber eher für Minimalismus, für eine moderne Gestaltungsauffassung, nicht für Asien. „Dass Pflanzen wie der Bambus immer häufiger in heimischen Gärten zu finden sind, hat ebenfalls weniger mit Asien zu tun als vielmehr mit dem Klimawandel“, ergänzt der Landschaftsarchitekt. Der Klimawandel bringt mit sich, dass unser Klima milder wird und manche Pflanzen die Trockenheit nicht mehr ertragen. Sie wandern in höhere oder nördlichere Gefilde. Andere Pflanzen finden sich wiederum deutlich besser zurecht als früher und dazu gehören etwa auch Bambus oder Granatapfel.
Der Münchner Professor für Landschaftsarchitektur Udo Weilacher bestätigt, dass Gärten etwas höchst Privates sind. „Bei der Gestaltung eines Gartens treibt uns die Sehnsucht nach dem Paradies“, meint der deutsche Gartenkenner in einem Interview mit der Zeit Online. „Wer einen Garten plant, entwirft sein Wunschbild der Welt.“ Und derzeit sei es vor allem die aufwendig ausstaffierte Gartenoase in einem als stressig empfundenen Alltag, die Weiland angesichts der vielen Buddhas, Feuerschalen und Profigriller ortet. Statt immer mehr Produkte in den überfüllten Garten zu stopfen, plädiert der Landschaftsarchitekt dafür, den richtigen Baum an die richtige Stelle zu pflanzen. Den Trend zu asiatischen Elementen – weißen Kies, auf Bonsai getrimmten Wacholder oder sogar Japan-Laternen – sieht Weiland nicht gerne, betrachtet er ihn doch als „gärtnerisches Fast Food, den Hamburger der Gartenkunst“.
Ist nun der Gartenzwerg ein stilistisches No-go oder der Buddha? „Keines davon wirklich, denn was mit ein wenig Ironie bewusst platziert wird, kann genauso stylisch und wirkungsvoll sein“, meint Schmidt und ergänzt: „Es gibt aber vernünftige und unvernünftige Maßnahmen und dazu gehören nicht unbedingt nur Dekoobjekte, sondern auch Pflanzen. Was zu groß, zu ausladend, zu unkontrolliert wächst, hat in einem kleinen Garten nichts zu suchen und das kann zum Beispiel der Bambus sein, wenn man ihn nicht beherrscht.“ Letztlich verdammt der Landschaftsarchitekt keine Pflanze und auch kein Objekt. Der Garten ist eben ein Ausdruck der Persönlichkeit und unterliegt sehr individuellen Präferenzen. Selbst die derzeit so tabuisierten Thujen können, wenn sie richtig in Szene gesetzt werden, fantastisch wirken, versichert Schmidt, und andererseits ist das so beliebte Wasser als „Must-have“ jedes Gartens kein Muss. „Es kann aber einen Garten extrem bereichern“, versichert der Experte. Schmidt ist jedenfalls mit Weiland auffällig einig, dass eine überlegte Planung einer chaotischen Anhäufung von Objekten vorzuziehen wäre.
Ordination mit Garten
Logische Konsequenz für Arztordinationen am Land: Der Garten ist Teil des Gesamtbildes und gehört „möbliert“ nach allen Regeln der Kunst. „Je kleiner der Garten ist, desto wichtiger ist es, die Grenzen zu bearbeiten“, warnt Schmidt, denn „Sichtschutz braucht Platz“. Wenn Ordinationen einen Blick in den Garten gewähren, dann macht es durchaus Sinn, den „Innenraum nach draußen zu verlängern, eine möglichst nahtlose Verbindung herzustellen“, rät der Landschaftsarchitekt. Dass ein Blick in die Natur einen äußerst positiven Effekt auf das Gemüt hat – von Patienten, Personal wie auch Ärzten –, darf gut und gerne Berücksichtigung finden.
Als weiteren Faktor sollten Ärzte nicht vergessen, den Garten als Imageträger zu verstehen. Dazu muss der Grünraum allerdings mit der Lebenspraxis verbunden und mit Inhalt gefüllt sein. „Der Garten als Imageträger wird unterschätzt“, warnt Schmidt, immerhin sei er ein Spiegelbild der Seele. Er hat keine Fassade wie ein Haus, versteckt also nichts, sondern legt die Persönlichkeit offen. Schmidt selbst erkennt aufgrund seiner langjährigen Erfahrung die Persönlichkeit eines Gartenbesitzers auf einen Blick. Für den Landarzt mit Faible für Kräuterheilkunde macht demnach ein Kräutergarten vor dem Entree durchaus Sinn und kann optisch, olfaktorisch und als Imageträger das Bild komplettieren. bw
Die handfesten Tipps des Landschaftsarchitekten
- Spannende Stilelemente gehören in Hausnähe.
- Pools sollten weiter weg vom Haus platziert werden, dadurch bleibt man vom Badelärm verschont.
- Feuerstelle, Pavillon oder Teich können weniger attraktive Gartenteile aufwerten.
- Terrassen gehören großzügig konzipiert, mit mindestens 5 x 7 Metern Fläche.
- Terrassen nicht durch Pflanzungen vom Rest des Gartens trennen – das schränkt den Blick ein.
- Weniger ist mehr. Lieber auf 4 bis 5 Arten konzentrieren als Kraut und Rüben mischen.
- Der Nutzgarten gehört attraktiv integriert.
- Eine gute Grundstruktur ist für einen schönen Garten unerlässlich.
- Die Zeit bzw. Wachstumsdauer im Garten ist für „Trial & Error“ zu kurz, daher sorgfältig planen statt experimentieren.
DI Stefan Schmidt, www.landschaftsarchitekt.at