Das Karussell dreht sich immer schneller
Die Preise für Eigentumswohnungen werden 2016 nur mehr moderat steigen.

Prachtvolle Villenetage. Die Liegenschaft befindet sich in vornehmster Lage von Grinzing, unweit (fußläufig) vom Zentrum, jedoch etwas nördlich am Stadtrand mit herrlichen Grünblick. Die 28 Quadratmeter große Empfangshalle erschließt zentral den Privatbereich (bestehend aus zwei Schlafzimmern, Badezimmer und begehbarer Garderobe) und den 50 Quadratmeter großen Wohnsalon mit dahinterliegender Küche. Vom Wohnzimmer aus gelangt man auf die großzügige Terrasse mit 2 Abgängen in den Garten.

Bernhard Reikersdorfer, Geschäftsführer von RE/MAX Austria.

Mag. Daniel Riedl, CEO BUWOG AG

DI Sandra Bauernfeind, EHL Immobilien
„Das steigende Immobilienangebot im Jahr 2015, die weiterhin gute Nachfrage, stagnierende Preise, das historisch niedrige Zinsniveau sowie die Steuerreform – all diese Einflussfaktoren haben dazu geführt, dass heuer der Immobilienmarkt so gut florierte wie nie zuvor“, bringt es Bernhard Reikersdorfer, MBA, Geschäftsführer von RE/MAX Austria auf den Punkt. „Im Großen und Ganzen erwarten wir eine Phase der Beruhigung – sofern nicht wieder eine Steuerreform oder ein anderer unvorhergesehener und schwerwiegender Störfaktor auf uns zukommt.“
„2015 war ein sehr starkes Transaktionsjahr, allerdings ist wohl davon auszugehen, dass ein Gutteil der erhöhten Grundbuchtransaktionen auf die jüngste Steuerreform zurückzuführen ist“, bestätigt ÖVI Vorstand Mag. Elisabeth Rohr (Elisabeth Rohr Real Estate). Trotzdem sei eine Verunsicherung am Markt spürbar. „Die Erhöhung der Immobilienertragsteuer, Änderungen der Grunderwerbsteuer oder aber die Eingriffe in die AfA: Besser jetzt als später verkaufen, wer weiß, was da sonst noch alles kommt“, fasst Rohr die Beweggründe zusammen. Das Vertrauen, in Immobilien zu investieren, wird dadurch keinesfalls gestärkt. „Wir erwarten in den nächsten Jahren zwar nach wie vor eine stabile, aber eine etwas verhaltene Nachfrage“, ergänzt ÖVI Vorstandskollege Andreas Wollein. „Der Markt hat sich definitiv wieder verlangsamt und die Leute sind nicht mehr der Panik verfallen, zwanghaft in Immobilien investieren zu müssen.“ Wohnimmobilien stehen zwar unangefochten ganz oben auf der Einkaufsliste und sind nach wie vor die beliebteste Anlageform, die Käufer sind aber kritischer geworden und treffen ihre Kaufentscheidungen vorsichtiger und überlegter als in den Vorjahren. Auch der Eigennutzer tritt wieder mehr in den Vordergrund, den vor allem eine höhere Lage- und Preissensibilität auszeichnet.
Zentrale Lagen top
Für 2016 rechnet Reikersdorfer nur mehr mit einem geringfügigen Plus bei Angebot und Nachfrage. Am stärksten aufwärtsgehen soll es 2016 mit 3,4 Prozent in Vorarlberg, gefolgt von 2,2 Prozent in Niederösterreich und 2,0 Prozent in der Steiermark. Am deutlichsten abwärts mit 5,0 Prozent geht es in Salzburg und auch Tirol, das Burgenland, Kärnten und Oberösterreich stehen vor einem Rückgang.
Für den Wiener Wohnungsmarkt, der in den vergangenen Jahren von steigenden Preisen und zuletzt auch von deutlich steigenden Neubauzahlen geprägt war, gibt es weiterhin positive Perspektiven. Zwar sind keine weiteren übermäßigen Anstiege bei Mieten und Kaufpreisen zu erwarten, aber die Preise und die Wohnungsproduktion werden auf dem erreichten hohen Niveau stabil bleiben. „Im mittleren Preissegment, auf das der Großteil des Wohnungsangebots entfällt, wird es wie bereits 2015 kaum Veränderungen geben“, attestiert DI Sandra Bauernfeind, Leitung Wohnimmobilien EHL.
Im oberen Preissegment rechnet Reikersdorfer in einer aktuellen Markteinschätzung – bei einem einprozentigen Anstieg des Angebotes und einem Sinken der Immobiliennachfrage um 3,7 Prozent – bei den Immobilienpreisen mit einem Rückgang um 2,3 Prozent. „Die Prognose für die gehobene Preisklasse ist pessimistischer als für den mittleren und unteren Preisbereich, aber optimistischer als sie für 2015 war“, so Reikersdorfer. Im mittleren Preissegment rechnet Reikersdorfer bei der Immobiliennachfrage mit einem Plus von 2,3 Prozent. „Das Immobilienangebot im Mittelpreissegment steigt um 2,2 Prozent und liegt damit knapp über der Vorjahreserwartung.“ Die Preise im mittleren Segment dürften um 0,7 Prozent anziehen. Damit ist der Preistrend im Mittelpreissegment um 2,5 Prozentpunkte fester als in der Vorjahreserwartung. Im unteren Immobilien-Preissegment zieht die Nachfrage spürbar um 6,8 Prozent an. „In diesem Preissegment ist viel zu wenig Angebot vorhanden. Daher werden genau in diesem Bereich weiterhin die Preise leicht anziehen, mit allen sozialen Konsequenzen“, so Reikersdorfer, der bei den Preisen mit einem Plus von 2,4 Prozent rechnet.
Besonders stark nachgefragt werden Eigentumswohnungen in zentralen Lagen und am Stadtrand. „Diese klassisch gesuchten Eigentumswohnungen in innerstädtischen Lagen werden damit auch die höchsten Wertsteigerungen aller Immobilien-Kategorien zu verzeichnen haben“, sind sich die Immobilienprofis einig. „Die Eigentumswohnungen am Stadtrand boomen, weil für viele das Wohnen in den Innenstädten nicht mehr leistbar ist.“
Eigentumswohnungen in den Landgemeinden werden mit geringfügig weniger Nachfrage und dementsprechend sinkenden Preisen zu kämpfen haben. Über einen größeren Zeitraum hinweg betrachtet, werden Wohnungen am Stadtrand und in Landgemeinden zunehmend an Attraktivität gewinnen. „Die hohen Preise in den Innenstädten, die Verbesserungen im öffentlichen Verkehr und verbesserte Anbindungen an das hochrangige Straßennetz schlagen hier anscheinend schon durch“, so Reikersdorfer.
Eigentum in Wien
Der Durchschnitt der Angebotspreise für gebrauchte Eigentumswohnungen in Wien liegt bei etwa 3.500 Euro pro Quadratmeter, neue Eigentumswohnungen bei 4.500 Euro pro Quadratmeter. Im Städtevergleich liegt Wien damit gleichauf mit Hamburg, Rom oder Mailand im europäischen Mittelfeld. Zu den teuersten Bezirken in Wien gehören neben dem ersten Bezirk der vierte, siebente, achte, neunte und der 19. Bezirk, wo für neue Eigentumswohnungen der durchschnittliche Quadratmeterpreis bereits über 5.500 Euro beträgt und auch gebrauchte Eigentumswohnungen schon im Schnitt bei 4.000 Euro pro Quadratmeter gehandelt werden.
Wien kennt grundsätzlich keine schlechten Lagen mehr, jedes „Grätzel“ hat seinen Charme, insofern kommt der Mikrolage – insbesondere beim Eigennutzer – eine immer größere Bedeutung zu. Als beliebtes Trendviertel gilt etwa der zweite Bezirk, insbesondere die Gebiete rund um den Augarten oder im Einzugsbereich der neuen WU, mit der Folge, dass dort die Preise kontinuierlich anziehen. Verbesserung ist auch im fünften Bezirk spürbar geworden, nicht zuletzt aufgrund seiner Nähe zum Hauptbahnhof. Am unteren Ende der Skala liegen traditionell der zehnte, elfte und 15. Bezirk.
Penthouses, Lofts und Maisonetten
Penthouses, Lofts und Maisonetten, die trendigen Luxus-Wohnformen der Stadt, scheinen die Talsohle wieder überwunden zu haben. Zwar sinken Nachfrage und Preis noch immer, aber bei Weitem nicht mehr so stark wie 2015. Ungebrochen ist nach wie vor die Nachfrage nach kleineren, marktgängigen Objekten bis etwa 250.000 Euro. Unter den derzeitigen Marktgegebenheiten sind Objekte im Allgemeinen dann gut absetzbar, wenn der Quadratmeterpreis nicht über 3.500 Euro pro Quadratmeter bzw. der Kaufpreis eines Objekts insgesamt unter 300.000 Euro bleibt. „Darüber hinaus wird es zunehmend schwerer Abnehmer zu finden“, sagt Wollein. Ganz ähnlich sieht es die Immobilien-Expertin Bauernfeind: „Im Luxusbereich werden überzogene Preise auf das realistische Marktniveau zurückgeführt werden. Gleichzeitig werden auch die Vermarktungszeiten im Durchschnitt länger werden.“
Bei den Neubauprojekten sieht Bauernfeind eine zunehmende Effizienz von Grundrissen. „Die Wohnungen werden bei gleicher Raumanzahl immer kleiner – leider dann oft auf Kosten von Stauraum wie zum Beispiel Abstellraum.“
Die Wohnungsgrößen sind jedoch stark von der Mikrolage abhängig: Während innerstädtisch eine Neubau-Zweizimmerwohnung etwa 45 Quadratmeter groß ist, verteilen sich zum Beispiel in Hietzing zwei Zimmer auf rund 60 Quadratmeter. Zudem werden immer weniger Familienwohnungen gebaut, weil auch die Demografie in Richtung Klein- und Single-Haushalte geht. „Die Entwickler selbst können aber gar nicht anders handeln, weil sie bei den aktuellen Kosten einfach hohe Mieten erzielen müssen, um profitabel zu arbeiten. Größere Wohnungen sind zu den erforderlichen Quadratmeterpreisen aber für zu wenige Familien leistbar“, so Bauernfeind. Auf den Punkt gebracht heißt das: Kleinere Wohnungen werden für Investoren für die Vermietung gebaut, die größeren Einheiten für Eigennutzer, die sich dies auch leisten können.
Dies bestätigt auch BUWOG CEO Daniel Riedl: „Bei unserem Projekt Pfarrwiesengasse hatten wir in der Planungsphase mehr kleinere Wohnungen vorgesehen. Die Nachfrage nach größeren Wohnungen hat uns dazu bewogen, umzuplanen und Einheiten mit deutlich mehr Quadratmetern zu schaffen. Die meisten Anfragen für das Projekt Pfarrwiesengasse kamen von Interessenten, die bereits in der näheren Umgebung leben.“ mn