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BEST of Reise: Architektur der Moderne

Europas Destinationen für die klassische Moderne und zeitgenössische Architektur werden mit klingenden Namen in Verbindung gebracht: Adolf Loos, Le Corbusier, Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe, Rem Koolhaas, Alvar Aalto oder Giuseppe Terragni. Sie sind Garanten für ästhetische, spannende und durchwegs sehenswerte Rückblicke in eine Zeit des Aufbruchs. Unsere Reise geht in die schönsten Metropolen dieser Architekturepoche.


foto: bildagentur waldhäusl

Frankreich

Viele Bauten in Frankreich sind unverrückbar mit dem Namen Le Corbusier verbunden, einem Universalgenie mit schweizerisch-französischen Wurzeln, der als Architekt, Maler, Bildhauer und Designer tätig war.
Paris: Adolf Loos hinterließ in Paris seine Spuren beispielsweise in Form der Maison Tzara (1926). Le Grand Rex ist ein Kino, das auch als Theater und Konzertsaal genutzt wird. Es entstand 1932 im Stil des Art Déco nach Plänen von Auguste Bluysen. 1983 wurde der von Bernard Tschumi entworfene Parc de la Villette, der größte Park von Paris, eröffnet – ein schönes Beispiel für die dekonstruktivistische Architektur. Die Grande Arche, der große Bogen, im Hochhausviertel La Défense wurde 1989 fertiggestellt und von Johan Otto von Spreckelsen und Paul Andreu entworfen. So wie dieser Triumphbogen geht auch die neue Bibliothèque nationale de France auf die Initiative von François Mitterrand zurück. Sie wurde 1996 der Öffentlichkeit übergeben und basiert auf Plänen von Architekt Dominique Perrault. Auch zahlreiche Métrostationen sind sehenswerte Beispiele der Architektur der klassischen Moderne. Als eines der wichtigsten Bauwerke der Moderne gilt jedoch zweifelsohne Richard Rogers und Renzo Pianos Centre George Pompidou (1977), ein Kunst- und Kulturzentrum.
Poissy: Die Villa Savoye (1931) stammt von Le Corbusier und ist eine konsequente Umsetzung seiner Formensprache mit typischen Elementen wie Stützen, Dachgarten, freiem Grundriss, langen Fenstern und freier Fassade.
Ronchamp: Ebenfalls Le Corbusier zuzuschreiben ist die Wallfahrtskirche Notre Dame du Haut in Ronchamp. Sie gilt als einer der berühmtesten Bauten seiner Art und wird oft als Ikone der Architektur bezeichnet.

Benelux

Die niederländischen Sehenswürdigkeiten der klassischen Moderne sind über ganz Holland verstreut.
Niederlande: Der holländische Architekt Frits Peutz entwarf das Glaspaleis in Heerlen, ein ehemaliges Warenhaus. Heute gilt der Glasbau als eines der bedeutendsten Bauwerke des Neuen Bauens und der Klassischen Moderne. Gerrit Rietvelds Schröder-Haus in Utrecht (1924) sowie zwei Villen in Huis ter Heide von Robert van ’t Hoff gelten als wichtige Bauwerke der Künstlergruppe De Stijl. Sehenswert sind außerdem das Verwaltungsgebäude Centraal Beheer (1972) in Apeldoorn von Herman Hertzberger, das dem Strukturalismus zuzuordnen ist, und Aldo van Eycks Raumfahrtzentrum ESTEC (1984-1989) in Noordwijk sowie Piet Bloms Kubushäuser (1975) in Rotterdam.
Brüssel, Belgien: Erwähnenswert ist hier das Horta-Museum des Jugendstil-Architekten Victor Horta.

Skandinavien

Mit Alvar Aalto hat Finnland einen herausragenden Architekten, Städteplaner und Designer, der für viele zeitlose und markante Entwürfe verantwortlich zeichnet.
Helsinki, Finnland: 1971 wurde Alvar Aaltos Finlandia Halle fertiggestellt. Sie gilt als eines der Wahrzeichen der Stadt. Der funktionelle Baustil wird oft als Kontrast zur mitunter als schwermütig bezeichneten Landschaft eingeschätzt. Auch das Parlamentsgebäude von Helsinki, das von Johan Sigfrid Sirén geplant wurde, gilt als Eckpfeiler des finnischen Klassizismus.
Stockholm, Schweden: Skogskyrkogård ist ein Friedhof in Stockholm, dessen Monumentalhallen von Gunnar Asplund und Sigurd Lewerentz zahlreiche Begräbnisstätten weltweit beeinflussten.
Bagsværd, Dänemark: Jørn Utzons Bagsværd Kirche im gleichnamigen Vorort von Kopenhagen wurde 1976 eröffnet und zählt als wichtiges Beispiel für den Kritischen Regionalismus.

Osteuropa

Auch in Osteuropa finden sich Beispiele der klassischen Moderne in der Architektur.
Moskau, Russland: Konstantin Melnikow war ein sowjetischer Architekt, der zur Avantgarde der Konstruktivisten gezählt wird. Eines seiner berühmtesten Gebäude ist zweifelsohne das Melnikow-Haus in Moskau, das heute vom Sohn des Architekten bewohnt wird. Außerdem erregte schon zu seinen Lebzeiten die sogenannte Hufeisengarage, eine zentrale Garage für LKW und Busse, Aufsehen.
Warschau, Polen: Der Kultur- und Wissenschaftspalast ist ein zwischen 1952 und 1955 im Baustil des Sozialistischen Klassizismus von Lew Rudnew errichteter Wolkenkratzer. Ursprünglich als Symbol totalitärer Unterdrückung höchst unbeliebt, gilt es heute als ein Wahrzeichen Warschaus.

Südeuropa

Highlight in Südeuropa ist zweifelsohne Barcelona. Dennoch locken auch einige andere Orte mit spannender Architektur.
Barcelona, Spanien: Die Stadt ist mit dem Namen Antoni Gaudís eng verbunden. Der Park Güell mit seinen fanstatischen Elementen, die sich wie selbstverständlich in das üppige Grün einfügen, wird aber von der Sagrada Família noch übertroffen. Die spektakuläre Kirche lässt sich kaum beschreiben – man muss sie einfach gesehen haben. Die ganze Stadt ist gespickt mit Bauwerken des „Modernisme“, mit der Casa Milà und der Casa Batlló sind auch hier Gaudís Spuren zu finden. In der zeitgenössischen Architektur drückte Jean Nouvel der Stadt mit dem Torre Agbar seinen Stempel auf.
Bilbao, Spanien: Nicht nur das Innere des Museo Guggenheim ist eine Reise wert, auch der Bau selbst, erbaut 1997 von Frank O. Gehry.
Porto, Portugal: Die Casa da Música ist ein städtisches Konzerthaus in Porto, entworfen von den Architekten Rem Koolhaas und Ellen Van Loon vom Büro OMA (Rotterdam).
Como, Italien: Die Casa del Fascio (heute Casa del Popolo) in Como von Giuseppe Terrangi, einer der bedeutendsten Vertreter des italienischen Rationalismus, wird konsequent vom Geist der Moderne getragen.

Deutschland

Von Stuttgart über Frankfurt, Dresden, Leipzig, Dessau, bis nach Berlin führt die Route auf den Spuren der deutschen modernen Architektur. „Pflichtstationen“:
Dresden: Das Festspielhaus Hellerau entstand 1919/11 im Stil der Reformarchitektur in der Dresdner Gartenstadt. Baumeister Heinrich Tessenow habe den Bauhausstil teilweise um ein Jahrzehnt vorweggenommen, meinten Architekturkritiker. Ludwig Wirth ist Architekt des Stadthauses Dresden, das 1923 im expressionistischen Baustil durchmischt mit traditionellen Stilelementen erbaut wurde. Das Wiener Architekturbüro Coop Himmelb(l)au zeichnet für den Ufa-Kristallpalast (1997/98) in der Dresdner Innenstadt verantwortlich – ein schönes Beispiel für Dekonstruktivismus.
Stuttgart: Architekt der Weißenhofsiedlung (1927) ist niemand Geringerer als Ludwig Mies van der Rohe, ein führender Vertreter des Neuen Bauens. Als zeitgenössisches Highlight gilt auch das Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart-Bad Cannstatt von Ben van Berkel. James Stirling, einer der bedeutendsten britischen Vertreter der Postmoderne, zeichnet für die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst (1994) verantwortlich.
Dessau: Walter Gropius entwarf das neue Bauhaus in Dessau (1925-26). Es wurde 1945 teilweise zerstört und 1976 rekonstruiert und gilt als eines der Zentren der Kunstschule, bis heute eine Heimstätte der Avantgarde der Klassischen Moderne.
Berlin: Die Zahl der Bauten, die der Klassischen Moderne und der zeitgenössischen Architektur zuzuordnen sind, ist enorm – umso sehenswerter ist die deutsche Hauptstadt aus diesem Blickwinkel. Zu den imposantesten Bauwerken dieser Zeit zählen das Große Schauspielhaus (1918/19) von Hans Poelzig in expressionistischer Formensprache, sowie das Renaissance-Theater (1922), das einzige erhaltene Art-Déco-Theater Europas. Neueren Datums, aber ebenso sehenswert, sind die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche von Egon Eiermann (1961-1963), die Neue Nationalgalerie (1965-1968) von Ludwig Mies van der Rohe oder die Niederländische Botschaft (2002) von Rem Koolhaas. Auch das Jüdische Museum Berlin von Daniel Libeskind, das 2001 eröffnet wurde, darf nicht unerwähnt bleiben.