Bessere Prognose durch Telemedizin
Die telemedizinische Betreuung von Menschen mit Herzinsuffizienz mittels Mobiltelefon und „Near Field Communication“-Technologie soll die Überwachung der Patienten zu Hause verbessern und ihre Behandlung optimieren.
Mit INTENSE-HF (Integrated Telemonitoring and Nurse Support Evaluation in Heart Failure) startete im Vorjahr die bisher größte in Österreich durchgeführte Studie zur Telemedizin bei Herzinsuffizienz. Diese Studie der MedUni Graz mit mehr als 300 Teilnehmern wird in Kooperation mit dem Ludwig Boltzmann Institut für Translationale Herzinsuffizienzforschung (LBI.HF) durchgeführt.
Ein Schwerpunkt der Tätigkeit des LBI.HF ist die Versorgung von HI-Patienten, die wegen einer Verschlechterung dieser Krankheit soeben aus dem Krankenhaus entlassen wurden und ein sehr hohes Sterberisiko haben. „Hier untersuchen wir neue Ansätze, zum Beispiel in Form einer telemedizinischen Betreuung“, sagt LBI.HF-Direktor Univ.-Prof. Dr. Burkert Pieske, Leiter der Klinischen Abteilung für Kardiologie an der MedUni Graz und Präsident der Österreichischen Kardiologengesellschaft. „Die mithilfe von Telemonitoring möglich gewordene enge Zusammenarbeit zwischen Patient und Arzt soll es ermöglichen, bei diesen Patienten rechtzeitig so gegenzusteuern, dass eine neuerliche Verschlechterung der Krankheit verhindert werden kann.“
Automatische Überwachung
In der INTENSE-HF-Studie werden HI-Patienten unmittelbar nach der Entlassung aus dem Krankenhaus in das Telemonitoring-System aufgenommen. Sie bekommen ein Telemonitoring-Set mit Blutdruckmessgerät, Körperwaage, Mobiltelefon und Symbolkarte und werden eingeschult. Mit telemedizinischer Unterstützung übermitteln sie täglich via Smartphone und „Near Field Communication“-Technologie ihre Vital-Parameter (Blutdruck, Puls, Gewicht) und bestätigen die Einnahme der ausgewählten kardioaktiven Medikamente an die Monitoring-Zentrale. Die automatische Überwachung individueller Grenzwerte führt bei Über- oder Unterschreitung zu einer Meldung an den betreuenden Arzt zum Beispiel per E-Mail oder SMS.
„Eine neuartige Software analysiert die Daten und gibt dem Studienarzt Hinweise zur weiteren Verbesserung der HI-Behandlung“, sagt Univ.-Prof. Dr. Friedrich Fruhwald, Key Researcher Telemedicine, LBI.HF. „Ist zum Beispiel der Puls an fünf von sieben aufeinanderfolgenden Tagen erhöht, bekommt der Arzt den Vorschlag übermittelt, dass gemäß den Guidelines der Europäischen Kardiologengesellschaft eine Dosissteigerung des Betablockers überlegenswert wäre. Analoges gibt es für den Blutdruck mit ACE-Hemmern, und für das Körpergewicht, wobei hier vor allem auf rasche, innerhalb von zwei Tagen auftretende Schwankungen reagiert wird.“ Ob der Arzt diese Empfehlung übernimmt oder nicht, ist seine Entscheidung. Fruhwald: „Er muss diese aber auf jeden Fall dokumentieren.“
Compliance verbessert
Über das Web-Interface kann die betreuende Person auch eine persönliche Feedback-Nachricht verfassen und diese an das Endgerät des Patienten übermitteln. Eine integrierte Lesebestätigung gibt dem Betreuer die Gewissheit, dass die Nachricht beim Patienten angekommen ist. „Die Compliance ist für eine wirksame Therapie von Patienten mit chronischen Erkrankungen sehr bedeutsam. Die Erfahrungen mit Telemonitoring zeigen, dass Patienten die Vorteile eines geschlossenen Monitoring-Kreislaufs verstehen und annehmen, was sich in einer verbesserten Therapietreue ausdrückt“, so Pieske. Im Falle von fehlenden Werten kann die integrierte Erinnerungsfunktion Patienten an die Einnahme von Medikamenten oder die Durchführung von Übungen erinnern.
Uneinheitliche Studienlage
„Derzeit kann der Stellenwert der Telemedizin noch nicht endgültig beurteilt werden“, bilanziert Fruhwald. „Es gab Studien, die einen Benefit für die telemedizinische Betreuung zeigen konnten, bei anderen war das nicht möglich. Der Grund dafür dürfte in der Auswahl der Patienten und im Zeitpunkt des Betreuungsbeginns liegen. Je ‚kränker‘ das untersuchte Kollektiv war, desto eher zeigte sich ein Benefit. Je ‚gesünder‘ das Kollektiv, desto weniger konnte gefunden werden. Wohl auch deshalb, weil diese Patienten ohnehin eine gute Lebensqualität haben und bei ihnen instabile Phasen selten sind. Diese Instabilitäten sind es aber, die besonders gefährlich sind.“
Die insgesamt recht uneinheitlichen Studienergebnisse könnten unter anderem auch daran liegen, dass die bisher gewählten Arten der telemedizinischen Überwachung für das vor allem ältere Klientel nicht geeignet waren: Kommunikation per Telefon mit digitalen Wählsystemen schreckte viele Patienten ab.
Die erste in Österreich durchgeführte Studie zur telemedizinischen Betreuung von HI-Patienten war die von Graz aus durchgeführte randomisierte, multizentrische MOBITEL-Studie. Weil es damals technisch noch nicht möglich war, die Messwerte automatisch zu übertragen, musste alles manuell eingetippt werden. „Entsprechend gab es Probanden, die ihre Teilnahme an dieser Studie abgebrochen haben“, so Fruhwald. rh