Berufsfeld: Neurologie in der Rehabilitation nach Unfällen
Ein Gespräch mit Dr. Josef Hufgard, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie im Rehabilitationszentrum Weißer Hof, über Aufgabenfelder, Nachwuchs und Zukunftsperspektiven.
Welche Rolle spielt der Neurologe in der Rehabilitation?
Das hängt sehr stark davon ab, wo er beschäftigt ist. Es gibt ja unterschiedliche Rehabilitationseinrichtungen mit Schwerpunkten wie z. B. Orthopädie oder Innere Medizin. Wir am Weißen Hof sind ein unfallchirurgisches Rehabilitationszentrum. Wir versorgen Patienten mit Schädel-Hirn-Traumen, Querschnittlähmungen, Mehrfachverletzungen, Amputationen, komplexen Handverletzungen, Verbrennungen und sonstigen Bewegungsbeeinträchtigungen. Viele Unfälle betreffen auch das Nervensystem, wie z. B. Gehirn oder Rückenmark, demnach wird auch die Rehabilitation unserer Patienten wesentlich von Neurologen mitgestaltet. Bei Verletzungen wie Knochenbrüchen, bei denen einzelne Nerven betroffen sind, erstellen Neurologen Zusatzbefunde, wie etwa die elektrische Nervenleitgeschwindigkeit.
Die Neurologie gilt als das medizinische Fach mit der größten Wachstumsdynamik. Die Zahl der Patienten nimmt zu, sie werden immer älter und neue Therapien erobern die Fachdisziplin. Wie begegnen Sie persönlich dieser Herausforderung in der Praxis?
Das zunehmende Alter hat in der Unfallrehabilitation keine so große Relevanz, weil wir ja keine degenerativen Erkrankungen behandeln. Unser Patientengut ist deutlich jünger, im Schnitt um rund 20 Jahre, ältere Patienten überleben schwere Unfälle oft nicht, obwohl auch diese Gruppe langsam zunimmt. Gleichzeitig stellen wir aber auch fest, dass immer mehr jüngere und schwerer Verletzte Unfälle überleben und das stellt neue Anforderungen an die Rehabilitation.
Haben jüngere Patienten mehr Potenzial wieder gesund zu werden?
Im Prinzip ja. Allerdings ist ein Patient, der viel Potenzial hat, nicht unbedingt der einfacher zu rehabilitierende, weil er länger bei uns bleibt und wir ihn zu einem wesentlich besseren Zustand rehabilitieren können. Das dauert länger und ist komplexer. Bei älteren Patienten mit einem ohnehin schlechteren Allgemeinzustand wird es nicht so viele komplexe und lang andauernde Therapien geben, das ist in der Rehabilitation an sich natürlich vordergründig „einfacher“, das Problem liegt hier bei möglichen Komplikationen.
Wie ist die neurologische Rehabilitation in Österreich im internationalen Vergleich positioniert?
Ohne uns selbst loben zu wollen, glaube ich, dass wir in der neurotraumatologischen Rehabilitation international ganz vorn liegen. In Meidling haben wir ein Zentrum für Schädel-Hirn-Trauma-Rehabilitation, das sich bereits nach dem 2. Weltkrieg etabliert hat und damals einzigartig war. Aber auch in der Querschnittrehabilitation sind wir im internationalen Vergleich sicher up to date. Die AUVA hat auch auf diesem Gebiet schon in den 40er-Jahren des vorigen Jahrhunderts begonnen (Rehabilitationszentrum Tobelbad bei Graz) und wir sind seither immer im regen internationalen Kontakt geblieben.
Wie halten Sie Ihr Wissen auf dem aktuellen Stand?
Ich bin als allgemeiner Neurologe und Psychiater hierher in den Weißen Hof gekommen und habe mir viel Wissen im praktischen Tun aneignen müssen, teilweise im Selbststudium, teilweise über Fortbildungen und internationale Kongresse. Es geht hier ja um sehr spezielle Themen, die in einem Akutkrankenhaus in dieser Form nicht an der Tagesordnung sind. Ich habe auch hier im Rehabilitationszentrum sehr viel von Kollegen anderer Fachrichtungen gelernt.
Ist der Nachwuchs an Neurologen in Österreich gesichert?
Ich bin überzeugt, dass es ein attraktives Fach ist und genug Nachwuchs vorhanden ist.
Wenn Sie einem jungen Mediziner das Fach schmackhaft machen möchten, was würden Sie ihm mitgeben?
Die Neurologie ist breit gefächert und reicht von der Akutmedizin bis zur Mitarbeit an sehr vielen verschiedenen fachübergreifenden Krankheitsbildern und ist damit auch der internen Medizin sehr ähnlich bzw. nahe. Das Gehirn ist andererseits auch die Schnittstelle zwischen Körper und Geist und man muss sehr viel über den Zaun schauen, um auch die Psyche bei der Behandlung miteinzubeziehen. An dieser Schnittstelle zu arbeiten, finde ich persönlich besonders spannend und herausfordernd.
Über den Weißen Hof
Das Rehabilitationszentrum Weißer Hof wurde im Oktober 1986 eröffnet. Es ist mit 200 Betten das größte Rehabilitationszentrum Österreichs der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) und dient vor allem der Versorgung der Bevölkerung im Osten Österreichs.
Neben der medizinischen Leistung sorgt ein engagiertes, fachkundiges Pflegeteam für die höchstmögliche Selbstständigkeit von Patienten. Unterstützt und ergänzt wird dieses Team vor allem durch ein vielfältiges Therapieangebot aus den Bereichen Ergo- und Physiotherapie. Die angestrebte Wiedereingliederung behinderter Menschen in Beruf und Gesellschaft kann darüber hinaus jedoch nur in engster Zusammenarbeit zwischen Behandlungseinrichtungen, Arbeitgebern und Behörden realisiert werden, wobei vor allem den Sozialarbeitern eine bedeutende Rolle zukommt. Noch während des Aufenthaltes werden alle notwendigen Hilfsmittel optimal auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmt und beschafft. Um die Selbstständigkeit zu erproben und Angehörige bzw. zukünftige Betreuungspersonen zu schulen, stehen zwei Trainingswohnungen zur Verfügung.