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Auf den Spuren von Charles Darwin

Er taucht mit Hammerhaien, spricht über die Evolutionstheorie und erzählt von Tieren, die sein Büro besuchen, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Für den deutschen Wirtschaftsprofi Swen Lorenz (39) ist Galapagos in den letzten drei Jahren eine zweite Heimat geworden.


Swen Lorenz, Geschäftsführer der Charles Darwin Foundation auf den Galapagos Inseln

Jeder kennt Galapagos, doch was dort im Detail geschieht, wissen nur wenige Insider. Jahrzehntelang wurde unter dem Glassturz der geografischen Exponiertheit fleißig wissenschaftlich gearbeitet, die breite Öffentlichkeit wurde jedoch nur wenig informiert. Seit Swen Lorenz die Charles Darwin Stiftung und deren Forschungsstation leitet, hat sich vieles zum Positiven verändert. Er will vor allem die Organisation effizienter gestalten und nachhaltige Einnahmequellen aufbauen. Es gilt, 75 Angestellte, 20 Freiwillige und etwa zehn Stipendiaten zu koordinieren. Dazu kommen über 100 „visiting scientists“, die für einen bestimmten Teil des Jahres vor Ort sind und die Logistik der Forschungsstation nutzen, sowie rund 100.000 Touristen – Tendenz steigend.
ÄrzteEXKLUSIV traf den charismatischen Finanzprofi zum Gespräch über tierischen Besuch im Büro und progressive Konzepte wie die geplante Galapagos App.

Sie haben sich als „Global Profit Hunter“ jahrzehntelang ausschließlich mit der Mehrung von Vermögen beschäftigt. Vor drei Jahren verlegten Sie Ihren Lebensmittelpunkt nach Galapagos. Wie kam es dazu?

Swen Lorenz: Alles fing vor acht Jahren an. Ich kam als Tourist auf die Galapagos Inseln und lernte dort einen Hoteldirektor kennen, der eine Berufsschule für den einheimischen Hotellerie- und Gastronomienachwuchs gründen wollte. Ich habe mich damals spontan bereit erklärt, dieses Projekt zu finanzieren, bin dann regelmäßig zurückgekehrt und wurde für verschiedene Projekte als Berater angefragt. So kam auch die Charles Darwin Stiftung auf mich zu, weil man jemanden Jüngeren als Stiftungsrat suchte, idealerweise aus dem Finanzbereich.

Vermissen Sie Ihr früheres Leben?
Nein, das Finanzwesen habe ich größtenteils hinter mir gelassen, zumindest vorübergehend. Zum einen ist es eine tolle Herausforderung auf Galapagos zu leben. Außerdem bin ich 50 Prozent meiner Zeit auf Reisen. Ich bin drei Jahre dort, habe jetzt einen neuen Fünfjahresvertrag unterschrieben und möchte in einer angemessenen Zeit eine Organisation schaffen, die ich auch weiterreichen kann.

Was ist die größte Herausforderung?
Es ist schwierig, in einem kleinen Dorf zu leben, in dem man die größte private Organisation führt und Entscheidungen treffen muss, wie zum Beispiel die Entlassung von Mitarbeiten. Man ist in meiner Position bekannt wie ein bunter Hund. Es ist ein entlegener Ort, es gibt wenig zu tun... Ich persönlich habe dieses Problem nicht – wir bekommen sehr viel Besuch von überdurchschnittlich interessanten Leuten. Jeden Moment kann jemand auftauchen, der sagt: Ich bin von der NASA oder mir gehört ein 10-Milliarden-Unternehmen in Silicon Valley... Mein Social Life ist ebenso gut wie in London, nur anders.

Wie sehen Sie die steigende Touristenzahl?
Wir sind pro Tourismus eingestellt, solange man hier auf eine bewusste und verantwortliche Weise hinfährt. Unsere enormen Erfolge im Artenschutz wären ohne die Einnahmen aus dem Tourismus nicht möglich. Wir haben jetzt eben angefangen, auch unsere Online-Kommunikation zu verbessern, um die Leute schon vor ihrer Anreise zu informieren und zu sensibilisieren.

Welche Veränderungen haben Sie bereits umgesetzt?
Vor Ort haben wir 700.000 Dollar in den Besucherbereich investiert: Besucherpfad, Cafeteria und Souvenir Shop. Internationale Partner wie IWC helfen uns, mehr Bewusstsein für unsere Anliegen zu schaffen und mit interessanten Menschen in Kontakt zu treten. Es findet wirklich ein Austausch auf allen Ebenen statt. Der Chefdesigner von IWC war mit unseren Wissenschaftlern tauchen, um seine Erfahrungen in die Konzeption der Uhren einfließen zu lassen. Das ist eine ganz neue Dimension der Zusammenarbeit. Wir haben auch Google Earth nach Galapagos geholt, das heißt, man kann über Street View virtuell die Forschungsstation besuchen. Als Nächstes wollen wir ein Museum errichten, die Online-Kommunikation verbessern und die Besucher noch mehr in unsere Arbeit einbinden. Wir nennen das „Citizen Science“: Mittels Geolocating am Smartphone und unserer App kann dann jeder Besucher auf den Inseln wertvolle Informationen sammeln und in unsere Datenbank einspeisen.

Welche Erinnerungen an Galapagos behält man ein Leben lang?
Zu den tollsten Erlebnissen zählt, mit einer größeren Zahl von Hammerhaien zu tauchen, und natürlich all die Tiere, die mich schon besucht haben – darunter ein Meeresleguan, obwohl ich 100 Meter von der Küste weg bin, ein Reiher und sogar eine Schlange, obwohl sich das Büro im ersten Stock befindet. Mein bester Freund ist aber eine Spottdrossel, die mich täglich besucht. Wenn sie so vor mir sitzt, muss ich daran denken, dass dieser Vogel für Darwin der Schlüssel zur Evolutionstheorie war – das ist schon ein ganz besonderer Moment!    ibk