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Arztvorbehalt im Dienste der Schönheit

Wenn Menschen schön sein wollen und für die Verwirklichung ihrer ästhetischen Ideale professionelle Hilfe suchen, wird regelmäßig auch die rechtliche Sphäre des sogenannten Arztvorbehalts betreten, der zumindest der Jurisprudenz schon viele Sorgenfalten bereitet hat.


Der Ausschließlichkeitsanspruch auf die Ausübung bestimmter Tätigkeiten durch Ärzte wird Arztvorbehalt, Ärztevorbehalt oder ärztlicher Tätigkeitsvorbehalt genannt. Getragen vom Schutzgedanken für Patienten soll dieser als Qualitätssicherungsmaßnahme der Abwehr von Gefahren für die Gesundheit dienen, indem mit einem immanenten Gefahrenpotenzial belastete Tätigkeiten zur Erhaltung, Verbesserung und Wiederherstellung der Gesundheit nur von entsprechend ausgebildeten Personen durchgeführt werden dürfen.
Oftmals fällt die Antwort auf die Frage, ob eine Tätigkeit Ärzten vorbehalten ist, nicht eindeutig aus, da die einschlägigen Rechtsnormen des Ärztegesetzes 1998 (ÄrzteG 1998), BGBl I 2008/169, trotz ihrer tadellosen formalen Erscheinung einer abschließenden Interpretation nicht zugänglich sind. Dies zeigt unter anderem die uneinheitliche höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Straf- und Wettbewerbsrecht. In der Praxis kommt einzelfallbezogenen Rechtsauskünften und Entscheidungen daher besondere Bedeutung zu.

So sind beispielsweise bereits die Entfernung von Pigmenten, Haaren und Tätowierungen mittels Laser sowie die Fettreduzierung mittels Ultraschall Gegenstand von Äußerungen des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zum Arztvorbehalt geworden – unvorgreiflich der Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte. Diese exemplarischen Stellungnahmen zu einem kleinen Ausschnitt der Ästhetischen Medizin sollen in einem Kurzüberblick dargestellt werden.

Zentrale gesetzliche Bestimmungen

Kernstück des Arztvorbehalts ist die ärztliche Berufsbeschreibung. Gewissermaßen programmatisch wird diese im § 2 Abs 1 ÄrzteG 1998 durch den Satz eingeleitet: „Der Arzt ist zur Ausübung der Medizin berufen.“ § 2 Abs 2 ÄrzteG 1998 setzt die ärztliche Berufsumschreibung sodann mit der Aussage fort, dass der ärztliche Beruf „jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit“ umfasst, die unmittelbar oder mittelbar am Menschen ausgeübt wird, und fügt dieser eine beispielhafte Aufzählung mit einzelnen Tätigkeiten bzw. Tätigkeitsbündeln an: Die Untersuchung auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von körperlichen und psychischen Krankheiten oder Störungen, von Behinderungen oder Missbildungen und Anomalien, die krankhafter Natur sind (Z 1); die Beurteilung von in Z 1 angeführten Zuständen bei Verwendung medizinisch-diagnostischer Hilfsmittel (Z 2); die Behandlung solcher Zustände (Z 3); die Vornahme operativer Eingriffe einschließlich der Entnahme oder Infusion (im Sinne einer Transfusion) von Blut (Z 4); die Vorbeugung von Erkrankungen (Z 5); die Geburtshilfe sowie die Anwendung von Maßnahmen der medizinischen Fortpflanzungshilfe (Z 6); die Verordnung von Heilmitteln, Heilbehelfen und medizinisch diagnostischen Hilfsmitteln (Z 7) sowie die Vornahme von Leichenöffnungen (Z 8).
Die zentrale Vorbehaltsnorm bildet § 3 Abs 1 erster Satz ÄrzteG 1998, wonach die selbstständige Ausübung des ärztlichen Berufes ausschließlich Ärzten für Allgemeinmedizin und approbierten Ärzten sowie Fachärzten vorbehalten ist.

Schließlich enthält § 3 Abs 4 ÄrzteG 1998 als Verbotsnorm die Feststellung, dass „anderen als den in § 3 Abs 1 und 3 ÄrzteG 1998 genannten Personen“ (das sind Ärzte für Allgemeinmedizin, Fachärzte, approbierte Ärzte und Turnusärzte) jede Ausübung des ärztlichen Berufes verboten ist. Ein Verstoß gegen diesen Arztvorbehalt stellt gemäß § 199 ÄrzteG 1998 eine Verwaltungsübertretung dar, für die eine Geldstrafe in unterschiedlichem Ausmaß verhängt werden kann.
Dem hohen Stellenwert des Arztvorbehalts entsprechend, hat der Gesetzgeber als strafrechtliche Sanktionsmaßnahme das Delikt der Kurpfuscherei im § 184 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl 1974/60, für gewerbsmäßige, an bestimmte Voraussetzungen gebundene Verstöße verankert.
Im Übrigen benötigen Ausnahmen vom Arztvorbehalt im Regelfall eine besondere gesetzliche Ermächtigung.
Die bloße Feststellung, dass eine ärztlich vorbehaltene Tätigkeit vorliegt, klärt noch nicht, ob ein Arzt konkret zur Ausübung einer Tätigkeit berechtigt ist. Dies richtet sich nach der Verpflichtung zur Sonderfachbeschränkung gemäß § 31 Abs 3 ÄrzteG 1998 (für Fachärzte) und der Beachtung der Einlassungsfahrlässigkeit.
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass der Arztvorbehalt zusätzlich zur Abgrenzung zum Gewerberecht noch viele andere Gesichter hat. Beispielhaft seien angeführt:

  • Alternativ- und komplementärmedizinische Tätigkeiten, welche am gesetzlichen Zuordnungskriterium der Wissenschaftlichkeit rütteln;
  • Laientätigkeiten im Familienkreis und in institutionalisierter Form, etwa in Kindergärten, Schulen, Einrichtungen zur psychosozialen Betreuung, Justizanstalten und polizeilichen Anhaltezentren;
  • Tätigkeiten durch Angehörige von der Medizin nahestehenden Wissenschaften ohne gesundheitsberufliche Grundlage (z. B. Mikrobiologen, Sportwissenschaftler).

So unterschiedlich die jeweiligen Lösungsansätze und Antwortformen auch sind (Erlässe des Gesundheitsministeriums, verwaltungsbehördliche und gerichtliche Entscheidungen sowie die Schaffung einzelner gesetzlicher Erlaubnisnormen), zeigt sich doch eine gewisse Tendenz, dass im Einzelfall oftmals das Gefahrenpotenzial einer Tätigkeit und deren soziale Adäquanz entscheidungsrelevant sind. Es wäre daher zu überlegen, diesen Kriterien folgend, den Arztvorbehalt – unter Berücksichtigung nachvollziehbarer standespolitischer Interessen – einer generellen Gesetzesreform zu unterziehen.

Autor:

Dr. Sandra Wenda
Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend,
sandra.wenda(at)bmg.gv.at

Beispiele zum Arztvorbehalt im Bereich der Ästhetischen Medizin

Die nachfolgenden Beispiele zum Arztvorbehalt bewegen sich im Bereich der Abgrenzung ärztlicher Tätigkeiten zu gewerblichen Tätigkeiten, insbesondere zum Gewerbe der Schönheitspflege (Kosmetik).

Entfernung von Pigmenten und Haaren und Tätowierungen durch Laser

Den Erledigungen des Gesundheitsministeriums

  • BMGFJ-92101/0025-I/B/7/2008 (16.7.2008) – Pigmententfernung mit Laser,
  • BMGFJ-92100/0035-I/B/7/2008 (5.5.2008) und BMG-92100/0057-I/B/7/2010 (26.05.2010) – Laser-Depilation,
  • BMGFJ-15508/0032-I/B/6/2008 (27.6.2008) und BMG-92100/0070-I/B/7/2010 (15.03.2010) – Entfernung von Tätowierungen mit Laser

ist gemeinsam, dass das Eindringen in tiefere Hautschichten mittels Lasers als zwar minimaler, aber dennoch zweifelsfrei operativer Eingriff gemäß § 2 Abs 2 Z 4 ÄrzteG 1998 gewertet worden ist. Somit liegt eine dem Arzt vorbehaltene Tätigkeit vor, weswegen deren Durchführung Personen ohne entsprechende ärztliche Berufsberechtigung, insbesondere mit einer Gewerbeberechtigung für Kosmetik (Schönheitspflege), nicht erlaubt ist. Darüber hinaus wurden jeweils Erwägungen zu den mit der Behandlung verbundenen spezifischen Risiken getroffen, deren „Handling“ ärztliche Kompetenz verlangt. Bei Tattoo-Entfernungen mittels Laser ist darauf hinzuweisen, dass gemäß der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl 1994/94, zwar Tätowieren als „dekorative und Verzierungen anbringende Tätigkeit“ Teil des reglementierten Gewerbes der Kosmetik ist. Invasive Nachfolgeeingriffe zur Wiederherstellung des ursprünglichen bzw. gewünschten Körperzustandes zählen jedoch nicht dazu. Infolgedessen entfaltet der Arztvorbehalt bei Tattoo-Entfernungen seine volle Wirkung.

Fettreduzierung mittels Ultraschall

Mit der Erledigung BMG-92100/0159-II/A/3/2010 (28.09.2010) hat das Gesundheits­ministerium zum Ausdruck gebracht, dass Fettreduktion („Lipologiebehandlung“ bzw. „Contourlipologie“) mittels Ultraschallgeräten, die Medizinprodukte darstellen, nicht als kosmetische, sondern als medizinische Behandlung anzusehen ist. Die Einstufung als ärztliche Tätigkeit im Sinne des§ 2 ÄrzteG 1998 resultiere insbesondere daraus, dass es sich dabei nicht nur um eine Oberflächenbehandlung der Haut, sondern auch um die Behandlung tieferer Gewebe mit dem Ziel der Herbeiführung von Veränderungen im Unterhautfettgewebe handle. Im Ergebnis wurde, auch unter Hinweis auf zahlreiche medizinische Kontraindikationen, das Vorliegen einer ärztlich vorbehaltenen Tätigkeit bejaht.