Ambulante Psychorehabilitation
Im September 2010 wurde das „Zentrum für seelische Gesundheit LEOpoldau“ als erste ambulante Reha-Einrichtung für Menschen mit psychischen Erkrankungen eröffnet. Bisher wurden 1.000 Patienten betreut.
„Psychische Störungen sind auf dem Vormarsch, die Behandlungen in Krankenhäusern massiv gestiegen“, schlägt der Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Obmann der Bundeskurie Angestellte Ärzte, Dr. Harald Mayer, Alarm. Besonders eklatant sei die Zunahme bei Berufstätigen: „Wir können davon ausgehen, dass beruflicher und privater Stress psychische Probleme mit verursachen.“ Die Folgen sind für Betroffene und Volkswirtschaft dramatisch. Laut Dr. Rudolf Müller, Chefarzt der Pensionsversicherungsanstalt (PV) geht inzwischen mehr als ein Drittel aller Anträge auf Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitspensionen auf psychische Krankheiten zurück – Tendenz steigend. Bei Frauen beträgt der Anteil nahezu 50 Prozent.
Müller sieht in einem ambulanten Angebot einen „wesentlichen Beitrag zur Vervollständigung der Versorgungskette“ in der psychiatrischen Rehabilitation. Es soll außerdem dabei helfen, die Reaktionszeiten in der psychiatrischen Versorgung zu verkürzen. Müller zitiert dazu eine Patientenbefragung, wonach bei Patienten mit Angststörungen und Depressionen vom ersten Auftreten der Symptome bis zur Diagnose durchschnittlich 28 Monate vergehen und weitere sieben Monate bis zum ersten Therapieschritt – insgesamt also ein Zeitraum von fast drei Jahren. Diese Zeitspanne müsse deutlich reduziert werden, um die Chancen eines Rehabilitationserfolgs zu erhöhen, fordert Müller.
1. Ambulante Reha-Klinik
Das Zentrum für seelische Gesundheit LEOpoldau bietet als erste und bisher einzige ambulante Institution Österreichs zukünftig auch Menschen eine Rehabilitation an, die lange stationäre Rehabilitationsaufenthalte aus familiären, organisatorischen oder zeitlichen Gründen bisher nicht bewerkstelligen konnten. Das trifft in besonderem Maße auf Frauen zu.
Der Initiator und Betreiber des Projekts, BBRZ MED GmbH Geschäftsführer Mag. Roman Pöschl, erläutert Konzept und Aufgabe des Zentrums LEOpoldau: „Das Zentrum versteht sich als Bindeglied zwischen psychiatrischer Akutversorgung und beruflicher Rehabilitation. Unsere Ziele sind die nachhaltige Verbesserung des gesundheitlichen Zustandes und der beruflichen und sozialen Teilhabe unserer Rehabilitanden. Wenn das gelingt, wird es in der Folge auch möglich sein, eine beträchtliche Anzahl von drohenden Frühpensionierungen mit ihren ganz individuellen, sozialpolitischen und volkswirtschaftlichen Folgeerscheinungen zu verhindern.“
Biopsychosozialer Ansatz
Die Therapie umfasst einen Zeitraum von jeweils sechs Wochen. Nach dem täglichen Programm kehren die Patienten in ihre gewohnte Umgebung zurück, werden also nicht aus ihrer häuslich-familiären Situation herausgerissen. Sie können zudem das in der Therapie Erlernte unmittelbar im Alltagsleben umsetzen, etwa Bewältigungsstrategien bei Angst vor öffentlichen Verkehrsmitteln.
Diagnostische Schwerpunkte sind vorwiegend chronische Verlaufsformen von psychischen Erkrankungen, von Depressionen und Angststörungen über Anpassungsstörungen, Zwangsstörungen, somatoforme Störungen bis hin zu Schizophrenie.
Das Rehabilitationskonzept beinhaltet ein breit gefächertes Angebot im Sinne eines biopsychosozialen Ansatzes zur Behebung von Krankheitssymptomen, Bedingungsfaktoren sowie häufigen Krankheitsfolgen wie Funktionsausfällen, Beeinträchtigungen im Alltag, im Beruf, in der Familie und in anderen sozialen Beziehungen. Das Therapieangebot umfasst Gruppen- und Einzelpsychotherapie, psychologische Behandlung, Psychoedukation und Informationsvermittlung, medikamentöse Therapie, Ergo- und Kreativtherapie, Physio-, Sport- und Bewegungstherapie, Biofeedback und Entspannungsmethoden.
Wie kommen Betroffene in das Programm? „Der behandelnde Arzt muss einen schriftlichen Antrag beim Sozialversicherungsträger stellen“, erläutert DSA Gerda Reschauer, Verwaltungsleiterin des Zentrums LEOpoldau: „Ein Antragsformular finden Ärzte auf unserer Website www.bbrz-med.at. Nach Genehmigung laden wir die Rehabilitanden zu einem Aufnahmegespräch ein, das als Basis für die Gruppenzuteilung dient.“ Innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung startet das Programm. vw