Am 32. Dezember ist es zu spät
Wer noch in diesem Jahr Steuern sparen will, muss sich unter Umständen beeilen. Auf jeden Fall heißt es rechnen, denn investieren auf Teufel komm raus, um ein paar Euro zu sparen, kann teuer kommen.
Das Kernstück der Steuerreform ist ein neues Tarifmodel mit nunmehr sieben Steuerstufen statt bisher vier. Einkommen bis 11.000 Euro bleiben unverändert steuerfrei, 50 Prozent Einkommensteuer zahlt man künftig erst ab einem steuerpflichtigen Einkommen von 90.000 Euro (bisher 60.000 Euro). Ab einem Einkommen von 1 Million Euro wird der Steuersatz auf 55 Prozent angehoben. Diese Maßnahme soll aber auf fünf Jahre befristet sein. Im Ergebnis soll sich eine durchschnittliche Entlastung von 1.000 Euro für jeden Steuerzahler ergeben. „Das Positive an der Steuerreform ist also, dass ab 2016 die Einkommensteuer sinkt. Wer Gewinne gestalten kann, soll sie nach Möglichkeit ins nächste Jahr verschieben“, so TPA Horwath Partnerin und Steuerberaterin Mag. Karin Fuhrmann.
Steuersparen bei den Einnahmen
Auch hier wäre eine Verschiebung in das nächste Jahr denkbar, indem man beispielsweise Honorarnoten aus dem Dezember erst kurz vor Jahresende legt, sodass der Zufluss erst im nächsten Jahr erfolgt. Aber auch für die Einnahmen gilt das Gleiche wie bei den Vorauszahlungen, nur im umgekehrten Sinn, wenn man eine sinnvolle Gewinnreduzierung erreichen will.
Steuersparen durch Zuwendungen an Mitarbeiter
„Für Mitarbeiter wie Assistenten oder Ordinationshilfen, aber auch für angestellte Familienangehörige gibt es eine Unzahl von Sach- und Geldzuwendungen, die für die Dienstnehmer steuer- und sozialversicherungsfrei sind, für den Arzt aber voll als Betriebsausgaben abgesetzt werden können“, betont Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Dr. Michael A. Klinger, KRW Dr. Klinger & Rieger Steuerberatung. „Dazu zählen Betriebsveranstaltungen wie Betriebsausflug oder Weihnachtsfeier bis 365 Euro pro Mitarbeiter und Jahr, Sachzuwendungen, zum Beispiel Weihnachtsgeschenke, bis 186 Euro pro Mitarbeiter und Jahr.“
Sonderausgaben bis 2020 absetzen
Versicherungsprämien und Kosten für Wohnraumschaffung und -sanierung sind nicht mehr absetzbar: Freiwillige Pensions- oder Krankenversicherungen und Ähnliches konnten bisher unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich geltend gemacht werden. Alle derartigen Verträge, die nach dem 1. Jänner 2016 neu geschlossen werden, sind nicht mehr absetzbar. Gleiches gilt für Kosten der Wohnraumschaffung und -sanierung: Alle Arbeiten, die nach dem 1. Jänner 2016 durchgeführt werden, können nicht mehr geltend gemacht werden. Für bestehende Verträge, die vor dem 1. Jänner 2016 abgeschlossen werden, gilt die Regelung noch fünf Jahre bis zur Veranlagung für das Kalenderjahr 2020. Analog dazu können auch Ausgaben für Wohnraumschaffung und Wohnraumsanierung für die Veranlagungsjahre 2016 bis 2020 nur mehr geltend gemacht werden, wenn mit der tatsächlichen Bauausführung (Spatenstich) oder Sanierung vor dem 1. Jänner 2016 begonnen wird.
Nachkauf von Versicherungszeiten
Wer für die Pensionsversicherung Zeiten nachkauft, kann das auch künftig von der Steuer absetzen, Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung bleiben ebenfalls absetzbar.
Investitionen in GWG
Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) bis zu einem Wert von 400 Euro – bei Ärzten überwiegend inklusive Umsatzsteuer, also 333,33 EUR netto, bei Hausapotheken anteilig etwas höher – können sofort und zur Gänze im Anschaffungsjahr als Betriebsausgabe steuerlich abgesetzt werden. Anschaffungen über 400 EUR (Nettowert siehe oben) müssen aktiviert werden und können nur über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Zum Anschaffungszeitpunkt für die kommenden Jahre ist zu überlegen, ob man nicht noch im ersten Halbjahr – bis inklusive 30. Juni – investiert, was zu einer Ganzjahres-AfA (Absetzung für Abnutzung) führt, danach ist nur mehr eine Halbjahres-AfA im Investitionsjahr möglich. Bitte Vorsicht bei Verwendung der Investition für den Gewinnfreibetrag, hier ist eine Mindestnutzungsdauer von vier Jahren erforderlich.
Investitionsbedingter Gewinnfreibetrag
Übersteigt der Gewinn 30.000 EUR, steht einerseits jedenfalls der Grundfreibetrag in Höhe von 3.900 EUR zu, andererseits kommt ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag hinzu, der davon abhängig ist, in welchem Umfang dieser mögliche Gewinnfreibetrag durch begünstigte Investitionen im jeweiligen Betrieb gedeckt ist. Zu den begünstigten Investitionen zählen Investitionen in abnutzbare, körperliche neue Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von mindestens vier Jahren (kein Pkw), Wohnbauanleihen, die dem Anlagevermögen eines inländischen Betriebes ab dem Anschaffungszeitpunkt mindestens vier Jahre gewidmet werden. Wird die Behaltefrist von vier Jahren nicht eingehalten, hat eine Nachversteuerung des in Anspruch genommenen Freibetrags zu erfolgen.
Doch Achtung: Es ist genau zu dokumentieren, für welche Wirtschaftsgüter (und in welcher Höhe) der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag in Anspruch genommen wird. Kann der Finanz keine genaue Dokumentation vorgelegt werden, kann dies dazu führen, dass der Freibetrag nachzuversteuern ist. Investitionen knapp vor Jahresende sind eine heikle Sache, denn sinnvolle betriebliche Investitionen sollten sorgfältig geplant und durchgeführt werden und nicht überhastet wegen einer vermeintlichen Steuerersparnis noch wenige Tage vor Weihnachten. Denn die Halbjahresabschreibung, die mit abnutzbaren Wirtschaftsgütern verbunden ist, vermindert den steuerpflichtigen Gewinn in Relation zum finanziellen Aufwand und zum Risiko einer Fehlinvestition nur geringfügig. Vor allem aber sollte unbedingt abgewogen werden, ob die vermeintliche Steuerersparnis wohl auch „sinnvoll“ ist. Steuersparen ist nämlich die eine Seite, alle dazu notwendigen Maßnahmen die andere. Die maximale Steuerersparnis beträgt immer nur 50 Prozent, der dazu meistens erforderliche Geldaufwand aber 100 Prozent. Daher sollten nur „sinnvolle“ Maßnahmen getroffen werden, die aber recht bald, denn sie sollen sich ja noch auf die heurige Steuerbelastung auswirken.
„Am einfachsten ist es nach wie vor, die für den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag erforderliche Investitionsdeckung bei Gewinnen über 30.000 Euro durch den Kauf von Wohnbauanleihen zu erfüllen“, erklärt Steuerberaterin Mag. Marihart-Kretzschmar – auch wenn diese mit einer Mindestlaufzeit von zehn Jahren eine sehr lange Laufzeit haben und man sich durch diese lange Bindung die Chancen auf höhere Zinsen nimmt. Beachten sollte man allerdings, dass Wirtschaftsgüter, die für den Gewinnfreibetrag herangezogen werden, im Anlageverzeichnis ausgewiesen werden müssen. Beim Kauf von „alten“ Wohnbauanleihen ist allerdings Vorsicht geboten, so die Steuerexpertin. „Diese ,alten‘ Wohnbauanleihen müssen ab dem Anschaffungszeitpunkt noch mindestens eine Restlaufzeit von vier Jahren aufweisen.“ Wer diese ,alten‘ Wohnbauanleihen kaufen möchte, ist gut beraten, sich rechtzeitig um diese Anlagemöglichkeit umzusehen. Wohnbauanleihen mit nur (mehr) vierjähriger oder knapp darüber liegender Restlaufzeit werden gegen Jahresende nur noch schwer zu bekommen sein.
Damit sich der Kauf einer – ob „alten“ oder „neuen“ – Wohnbauanleihe auch wirklich rechnet, sollte man etwa Mitte bis Ende Dezember gemeinsam mit dem Steuerberater den erwarteten steuerlichen Jahresgewinn 2015 schätzen, um den Kauf auch der Höhe nach „steueroptimal durchführen zu können. „Wer seine Buchhaltung ordentlich macht, sollte im Dezember durchaus abschätzen können, wie das Gesamtjahresergebnis aussehen wird.“
Immobilien noch heuer kaufen
Bei der Immo-ESt (Immobilienertragsteuer) werden die Steuersätze generell um 20 Prozent ebenfalls ab 1.1. 2016 erhöht. Die normale Immo-ESt steigt von 25 auf 30 Prozent, die pauschale Immo-ESt für Altvermögen vor 1.4. 2002 von 3,5 auf 4,2 Prozent und die pauschale Immo-ESt für umgewidmetes Altvermögen von 15 auf 18 Prozent. Der Inflationsabschlag für mehr als zehn Jahre gehaltene Grundstücke entfällt ab dem kommenden Jahr zur Gänze. In manchen Fällen bedeutet das eine Erhöhung der Immo-ESt um 140 Prozent! Ausschlaggebend für die Höhe des Steuersatzes ist das Datum des Verpflichtungsgeschäfts, das heißt Kaufverträge können bis 31.12. 2015 noch mit der niedrigeren Steuerbelastung abgeschlossen werden.
Liegenschaften im Familienbereich heuer übertragen
Die Berechnung der Grunderwerbsteuer (GrESt) soll bei unentgeltlichen Übertragungen künftig vom sogenannten Grundstückswert erfolgen. Der Grundstückswert wird an den tatsächlichen Verkehrswert angelehnt sein. Wie er genau zu ermitteln ist, wird in einer eigenen Verordnung festgelegt, die sich an Immobilienpreisspiegeln orientieren wird. In den meisten Fällen erhöht sich die Grunderwerbsteuer bei Liegenschaftsübertragungen im Familienverband erheblich. Es ist daher sinnvoll, anstehende Schenkungen bereits heuer durchzuführen, um noch in den Genuss der derzeitigen günstigeren Besteuerung zu kommen.
Wer ein Grundstück außerhalb des Familienbereichs unentgeltlich übertragen möchte, sollte hingegen bis 2016 zuwarten. Der neue Stufentarif gilt nämlich bei allen unentgeltlichen Grundstücksübertragungen – unabhängig von (verwandtschaftlichen) Nahebeziehungen zwischen Schenker und Beschenkten. Dadurch sinkt im kommenden Jahr die Grunderwerbsteuer bei Schenkungen unter Fremden!
Einlagen kurzfristig steuerfrei rückzahlen
Wer Kapital in seine Gesellschaft eingelegt hat, darf es sich auch steuerfrei wieder aus der Gesellschaft zurückholen. Das gilt zwar weiterhin, allerdings wird die steuerfreie Einlagenrückzahlung neu geregelt. Die bisherige Wahlmöglichkeit, Ausschüttungen als Dividende oder als Kapitalrückzahlung zu behandeln, entfällt. Solange „operative Gewinne“ vorhanden sind, müssen diese zuerst ausgeschüttet werden. Bei ausreichender Liquidität ist die Ausschüttung von Kapitalrücklagen vor Inkrafttreten der Neuregelung dringend zu empfehlen. Die Neuregelung soll erstmalig für Wirtschaftsjahre gelten, die ab dem 1. August 2015 beginnen. Wurden Kapitalrücklagen nicht bereits vorsorglich im Jahresabschluss 2014 aufgelöst, so ist auch eine Bilanzberichtigung 2014 ins Auge zu fassen. Zu beachten ist, dass Kreditzinsen für eine derartige Einlagenrückzahlung steuerlich nicht abzugsfähig sind.
Vorauszahlungen
Welche Ausgaben eignen sich für eine Vorauszahlung? In erster Linie jene Kosten, die regelmäßig anfallen und nicht Investitionen in Anlagegüter darstellen. Neben Mietzahlungen für die Ordinationsräumlichkeiten, Leasingraten für medizinische Geräte oder EDV und Mietzahlungen beim Operating Leasing des Kraftfahrzeuges (nicht beim klassischen Leasing) kommen – je nach Fachrichtung – weitere spezielle Ausgabepositionen hinzu: Medikamenteneinkäufe für die Hausapotheke, Zahngold oder Technikerrechnungen beim Zahnarzt, Kosmetika beim Dermatologen oder Kontaktlinsen beim Augenarzt. Für alle Vorauszahlungen gilt aber, dass sie beim Einkauf maximal einen Jahresbedarf bzw. bei regelmäßigen Zahlungen höchstens die Ausgaben für das laufende und das nächste Jahr betreffen dürfen.mn