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Alt oder Neu?

Vielen Wohnungssuchenden fällt die Entscheidung zwischen Altbau- oder Neubauwohnung nicht leicht, denn beide Gebäudetypen bieten individuelle Vor- und Nachteile.


Foto: Bildagentur waldhäusl

Mag. Anton E. Nenning, Managing Director von RE/MAX Austria

Dr. Georg Aichelburg-Rumerskirch, Immobilienexperte Wiener Privatbank SE

KR Michael Pisecky, s Real Geschäftsführer

Sascha Kovacevic, Dr. Faulhaber+Partner Immobilien GmbH

„Da kommt es auf den persönlichen Geschmack an“, meint s-Real-Chef Michael Pisecky. Altbau- oder Neubauwohnung verkaufen sich gleichermaßen gut. „Ich sehe keinen Trend zu Alt- oder Neubau.“ Angesichts der angespannten Lage am Wohnungsmarkt in Wien – „Es wird viel zu wenig gebaut“ – stelle sich eher die Frage, ob man überhaupt ein geeignetes Angebot bekommt. „Da ist dann die Frage Neu- oder Altbau zweitrangig. Die Frage der Lage ist nach wie vor top-aktuell.“ Eines aber sieht Pisecky: „Die Ansprüche an die Wohnqualität sind in den letzten Jahrzehnten spürbar gestiegen.“ Wenn Wohnungssuchende frei von Sachzwängen eine Immobilienart wählen könnten, würden nur elf Prozent sich für einen renovierungsbedürftigen Altbau entscheiden. Hoch im Kurs: Erstbezug direkt vom Bauträger (33 Prozent), ein sonstiger Neubau (31 Prozent) oder ein sanierter Altbau (25 Prozent). „Noch vor 30 Jahren war dieses Verhältnis ein ganz anderes: Gefragt waren Altbauten mit großen, hohen Räumen und Fenstern.“ In einem Neubau mit niedrigen Raumhöhen und kleinen, engen Zimmern wollten damals nur die wenigsten wohnen. Dafür sind Freiflächen heute ein „Must-have“. „Neubauwohnungen punkten vor allem mit Balkonen und Terrassen. Bei Wohnungen im gehobenen Segment sind Freiflächen das entscheidende Kriterium.“ Altbauten können hier nur schwer mitziehen. Wohnungssuchende müssen sich diese kleinen Erholungsräume etwas kosten lassen. „Da kann der Preis im Vergleich zu einer Wohnung ohne Balkon oder Terrasse schon einmal um zehn Prozent in die Höhe gehen.“ Dies bestätigt auch RE/MAX Austria-Geschäftsführer Bernhard Reikersdorfer. „Gerade bei der Eigennutzung spielen die Lage und die Ausstattung eine entscheidende Rolle. Werden von Anlegern eher kleinere Wohneinheiten gesucht, stehen bei den Eigennutzern 3- bis 4-Zimmer-Wohnungen hoch im Kurs – ob Neu- oder Altbau, sei nicht entscheidend. “

Vor- und Nachteile einer Neubauwohnung

Neubauwohnungen sind technisch meist auf dem neuesten Stand, was Fenster, Dämmung, Böden und Wände, Elektrik sowie Heizungsanlagen angeht. Dies alles ist nagelneu und funktionstüchtig. Man muss sich in der Regel um die Heizkosten wenig Gedanken machen, da durch die Verwendung moderner Baumaterialien eine optimale Energiebilanz erzielt wird. Eine Neubauwohnung ist in der Regel auch von der Raumaufteilung her besser gestaltet als Altbauwohnungen. Die Zimmer sind aber in der Regel kleiner. Das Badezimmer ist hingegen in alten Wohnungen häufig sehr klein gehalten und nur auf das Notwendigste beschränkt, während in modernen Wohnungen ein großes Bad mit Badewanne zur Grundausstattung gehört. Die nötigen Kabelanschlüsse, etwa für Kabelfernsehen, Telefon und Internet, sind in Neubauwohnungen serienmäßig vorhanden und müssen nicht mühsam selbst verlegt werden. In den Treppenhäusern finden sich häufig Aufzüge, was älteren Menschen und Familien mit Kinderwagen zugutekommt.
Neubauwohnungen haben jedoch den Nachteil, dass sie im Grunde alle gleich aussehen. Weder von der Architektur noch von der Farbgestaltung her gibt es hier großartige Unterscheidungen, was Individualisten wohl eher nicht gefallen dürfte.

Vor- und Nachteile einer Altbauwohnung

Eine Altbauwohnung, die im besten Falle in einem schönen, geschichtsträchtigen Stadtteil gelegen ist, sieht von außen meist schon einmal sehr beeindruckend aus.
Einerseits zeichnet sich ein Altbau durch eine großzügige Raumgestaltung mit bis zu 3,5 m hohen Decken aus. Zudem sind die Räume oft aufwendig mit Stuck verziert und wirken dadurch sehr ansprechend. Großzügig und ornamentiert ist oft auch das Treppenhaus und die Fassade des Gebäudes gestaltet. Gegen den Einzug in einen Altbau sprechen hohe Nebenkosten, da die hohen Räume schlecht beheizbar sind. Die Raumhöhe hat jedoch den Vorteil, dass man große Schränke einbauen kann und so deutlich mehr Stauraum auf vergleichbarer Fläche erreicht. Altbauwohnungen haben jedoch den Nachteil, dass die Ausstattung oftmals veraltet ist. So sind in den meisten alten Wohnhäusern kaum Aufzüge eingebaut, die Treppen sind eng, manchmal sogar verwinkelt. Auch die Wände können durch das hohe Alter schon in Mitleidenschaft gezogen worden sein, Elektrik und Fenster sind häufig nicht auf dem neuesten Stand. Grundsätzlich sind Altbauwohnungen also deutlich reparaturanfälliger als Neubauwohnungen. Obwohl: „Altbauwohnungen zum Selbstrenovieren werden kaum angeboten“, so Sascha Kovacevic, Geschäftsführer Dr. Faulhaber+Partner Immobilien GmbH. „Bei unseren Sanierungsprojekten wird alles gemacht. Da sind dann auch die Altbauwohnungen auf dem technischen Stand von Neubauwohnungen.“ Diese punkten dann vor allem mit Flair. „Schöne Altbauten haben repräsentative großzügige Eingänge. Das hat schon was. Damit können Neubauten kaum aufwarten.“ „Altbauten sind repräsentativer“, ergänzt Pisecky. Ein weiterer Vorteil: Da Altbauwohnungen zumeist in gewachsenen Stadtkernen liegen, punkten sie, wenn vor allem die Lage eine Rolle spielt.
Wer mit den Gedanken spielt, eine sanierungsbedürftige Altbauwohnung kaufen zu wollen, um diese dann in Eigenregie zu renovieren, sollte sich das Objekt auf jeden Fall mit einem Experten ansehen. Kaufpreis, Nebenkosten und Finanzierungskosten lassen sich exakt bestimmen. Renovierungskosten oder Instandsetzungskosten können nicht ohne fremde Hilfe bestimmt werden. Hinweise auf nötige Instandsetzungsmaßnahmen können bei Eigentumswohnungen aus den letzten Protokollen der Eigentümerversammlungen oder der Hausverwaltung entnommen werden. Doch die Praxis zeigt, dass diese Informationsquellen nicht besonders ergiebig sind. „Deshalb ist es ratsam, das Objekt mithilfe von Experten zu untersuchen und die Kosten gemeinsam zu kalkulieren“, mahnt Architekt Gerhard Fritz. „So manches vermeintliche Schnäppchen hat sich schon als Geldvernichtungsmaschine entpuppt.“

Die Wiener Preise

Wo liegen aber aktuell die Preise? 2012 wurden in Wien 9.330 Eigentumswohnungen verkauft. Das sind 459 oder um 4,7 Prozent weniger als im Jahr zuvor und 1.268 weniger als im Hype-Jahr 2010. Der typische Preis lag in Wien 2012 bei 163.030 Euro und damit +7,9 Prozent über dem Vorjahr. Dabei kostete ein Viertel aller Wohnungen in Wien weniger als 83.050 Euro. Ein weiteres Viertel aller Wiener Wohnungen kostete mehr als 225.000 Euro. Andersherum formuliert: Die Hälfte aller Wiener Wohnungen kostete also zwischen 83.050 und 225.000 Euro.
„Das heißt, qualitätsvolles Wohnen in qualitativ hochwertigen Häusern und Gegenden wurde um das Doppelte teurer als Wohnen in billigen Häusern und Gegenden“, erklärt Mag. Anton E. Nenning, Managing Director von RE/MAX Austria. Dabei haben sich auch die gehandelten Wohnungsgrößen minimal verändert, nämlich um einen Quadratmeter pro Wohnung vergrößert, und auch das beeinflusst den Preis. Die Hälfte aller gekauften Wohnungen liegt 2012 im Bereich von
52 bis 95 m2, die „typische“ Wohnung bei 75 m2. Eine Innere Stadt-Wohnung ist typischerweise 126 m2 groß, eine Josefstädter 99 m2, eine Döblinger 96 m2 und eine in Währing bietet 94 m2 Platz. Dagegen liegt die Standardgröße in Rudolfsheim-Fünfhaus bei 57 m2, in Brigittenau bei 63 m2 und in Margarethen bei 65 m2. Das heißt, die Bezirke mit den höheren Quadratmeterpreisen haben auch die größeren Flächen und noch dazu die höheren prozentuellen Preissteigerungen – dies schlägt sich auf die Gesamtpreise verschärfend durch.
Während eine Wohnung in Simmering typischerweise noch knapp unter 100.000 Euro und im 15. und 10. Bezirk noch unter 110.000 Euro zu haben ist, liegt der Wiener Schnitt der Wohnungspreise bei 163.030 Euro. Am oberen Ende der Wohnungspreise rangieren wie erwartet der 13. Bezirk mit 220.055 Euro, der 18. Bezirk mit 256.954 Euro und der 19. Bezirk mit 284.279 Euro. Schlussendlich kostet eine Wohnung im Ersten beinahe das Achtfache des günstigsten Bezirks (Simmering), nämlich 788.921 Euro.
Wie stark die Preise auch innerhalb eines Objektes variieren können, zeigt ein aktuelles Projekt von Dr. Faulhaber+Partner Immobilien. „Wir renovieren derzeit ein altes Haus in Wien 18. Im Erdgeschoss wird ein Gasthaus zu vier-, zwei- bzw. 2,5-Zimmer-Wohnungen umgebaut. Die Gartenwohnungen kosten dann 5.000 Euro pro Quadratmeter, eine Wohnung im Regelstockwerk kommt auf 4.000 Euro pro Quadratmeter, Wohnungen im Dachgeschoss kommen auf 7.000 Euro pro Quadratmeter.“ „Bei nahezu allen Preissegmenten und Immobilien-Typen beobachten wir eine noch immer steigende Nachfrage, aber diese Steigerung ist wesentlich geringer als in den Vorjahren“, erläutert Mag. Anton Nenning, Managing Director von RE/MAX Austria. „Bei in etwa gleichbleibendem Angebot wird dies zu wesentlich geringeren Immobilien-Preissteigerungen als im Vorjahr führen. Das Hauptmotiv der Immobilieninteressenten verändert sich ganz signifikant: Nicht so sehr die Anlage, sondern die Eigennutzung steht wieder mehr im Vordergrund. Genau dieser Umstand gibt dem österreichischen Immobilienmarkt auch Stabilität und Kontinuität und schützt vor Blasenbildung.“
Nenning rechnet damit, dass die Nachfrage vor allem im unteren Preissegment mit +5,7 Prozent und im mittleren mit +2,8 Prozent steigen, im oberen Preissegment dagegen sogar mit -0,5 Prozent etwas fallen wird. Damit liegt die erwartetete Preissteigerung nur mehr auf halbem bis Zweidrittel-Niveau vom Vorjahr.
Die Nachfrage nach Top-Eigentumswohnungen sinkt von +9,5 Prozent auf „nur“ +7,0 Prozent. Damit schwächt sich auch die Preis­erwartung für Top-Eigentumswohnungen auf „nur“ +5,9 Prozent ab. Zum Vergleich: Ende 2011 lag die Preiserwartung für 2012 bei +8,7 Prozent. Dagegen bleibt die Nachfrage nach Mietwohnungen in zentralen Lagen weiterhin auf +7,8 Prozent und belegt damit den ersten Rang. Die Preiserwartung bei Neuvermietungen in Top-Lagen mit freier Mietzinsbildung steigt um weitere +4,7 Prozent, allerdings geringer als im Vorjahr (+5,7 Prozent) und geringer als die Top-Eigentumswohnungspreise (+5,9 Prozent).

Neubauwohnungen in Salzburg gefragt

Klarer Gewinner im Vorjahr waren in Salzburg die Neubauwohnungen, deren Anteil an allen Immobilientransaktionen von 14,2 auf 21,3 Prozent anstieg, das sind real 130 Wohnungen mehr. Gleichzeitig ging der Anteil der Gebrauchtwohnungen von 56,1 auf 48,6 Prozent (real minus 158 Wohnungen) zurück. Bei den Häusern kam es zu einem Rückgang bei den Transaktionen um zwölf Prozent, bei den Umsätzen sogar um 16 Prozent. Klar ersichtlich ist auch in der aktuellen Auswertung, dass die Wohnungspreise weiter steigen. Im Durchschnitt kostete eine Neubauwohnung 3.681 Euro pro Quadratmeter – gegenüber 3.243 Euro im Jahr zuvor. Ing. Wolfgang Maislinger MSc, Geschäftsführer von Hölzl & Hubner: „Im Stadtteil Morzg wurden Spitzenpreise bis zu 7.400 Euro erzielt, die Durchschnittspreise liegen hier bei 4.950 Euro.“ Die Steigerung war auch im Gebrauchtwohnungssektor spürbar. Dort erreichten die Durchschnittspreise pro Quadratmeter 2.389 Euro, das ist ein Anstieg um zehn Prozent gegenüber 2011. „Von 10.000 Euro pro Quadratmeter kann aber keine Rede sein“, schränkt Maislinger ein. „Das steht vielleicht so im Angebot, bezahlt wurden solche Preise aber nicht.“ Insgesamt zeigt der Index, dass in den vergangenen zehn Jahren die Wohnungspreise um 46 Prozent bei Neubauten und um 59 Prozent bei Gebrauchtwohnungen angestiegen sind. Für 2013 erwartet Maislinger keine Trendwende. „Es wird bei den Wohnungen kein Überangebot geben, außer im Topsegment.“ Dieser Bereich, dazu zählen auch Penthäuser, werde schwer verkäuflich bleiben. Auch von einer Entspannung bei den Preisen kann man nicht ausgehen. Maislinger: „Solange es eine Knappheit bei den Grundstücken gibt, wird es auch kein Überangebot an Wohnungen geben.“
Dr. Georg Aichelburg-Rumerskirch, Immobilienexperte der Wiener Privatbank  SE, sieht angesichts der schwierigen Marktlage einen Trend: „Ich beobachte, dass Vorsorgewohnungen in letzter Zeit nicht nur von Investoren, sondern auch von Eigennutzern gekauft werden“, obwohl Vorsorgewohnungen zumeist weniger Fläche bieten. „Anleger suchen in der Regel 2- bis 3-Zimmer-Wohnungen, Eigennutzer deutlich mehr Fläche. Da sind 3- bis 4-Zimmer-Wohnungen gefragt.“ Dabei gehe es nicht um Ertrag und Rendite. „Da spielt dann die Lage wieder eine deutlich größere Rolle“, so Aichelburg-Rumerskirch.

Checkliste

Alt oder neu – das ist die Frage

Vorteile altbau

  • Altbau-Charme
  • soziales Umfeld bekannt
  • gewachsene Strukturen
  • oft in zentraler Lage
  • sofortiger Einzug möglich
  • Chance auf gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
  • Man sieht, was man kauft.
  • Umbau im eigenen Stil
  • keine Bereitstellungszinsen

Vorteile Neubau

  • moderne Architektur
  • neueste Technik und Materialien
  • geringere Nebenkosten (Heizung, Strom)
  • Einfluss auf Ausstattung
  • moderne Grundrisse
  • Sonderwünsche realisierbar
  • meist mit Balkon oder Terrasse
  • geringere Instandhaltungskosten
  • fünf Jahre Gewährleistungsrecht
  • ausreichend Parkraum durch Tiefgarage