< vorhergehender Beitrag

Äskulap, die Natter

Knochenkolloquium


So nannte man doch früher beim Medizinstudium eine der ersten Prüfungshürden, die die neuen Studenten zu nehmen hatten ... oder? Keine Ahnung, ob es das heute noch gibt, aber schlimmer konnte es denen gar nicht gehen als mir neulich:
Da war ich doch glatt wieder einmal so richtig Tante und hatte meine kleine Nichte zu Besuch. Sie ist eine putzige Fünfjährige, die mich wieder einmal ordentlich mit der Nase darauf gestoßen hat, dass Erwachsene manchmal wirklich nix wissen, rein gar nix ...
„Du, jetzt sag einmal, wie ist das jetzt eigentlich ...“, löcherte sie mich, nachdem ich sie vom Kindergarten abgeholt hatte und wir beim Mittagessen saßen.
„... woher kommen jetzt wirklich die kleinen Babys?“
Schluck. „Ääähem...“
„Ja, das sagt die Mami auch immer!“
„Habt ihr denn schon drüber gesprochen?“
„Na klar, ich weiß auch, wie die Babys in den Bauch der Frau hineinkommen!“
„Aha, dann weißt du ja eh schon viel!“
„Na, aber WAS macht dann der Mann dabei eigentlich genau?“
Mein Handy klingelt – ich liebe es! Danke! – und rettet mich aus dieser Bredouille. Diese Kurve haben wir gerade noch gekratzt ...
Doch so leicht gibt sich die kleine Julia nicht zufrieden:
„Du und beim Christkind, dieser Josef, ich mein, das kann doch bitte unmöglich der Vater von diesem Jesuskind sein!“
Knirsch: „Nein? Wieso das denn?“
„Na, geh bitte, Tante, so alt wie DER ausschaut, kann das doch bitte höchstens der OPA sein!“
Sagt’s und stemmt gelassen und kopfschüttelnd die Hände in die Hüften. Die zerknitterte Tante muss wohl ganz schön altvaterisch rüberkommen ...
... so richtig von gestern ... oder vorvorgestern ... uncool eben.
„Ja, jetzt und sag, was hat jetzt der Christbaum mit dem Stall in Bethlehem zu tun und wie gehören die jetzt zusammen? Und die Rentiere? Wie gehören die dazu? Und ...“
Cut! Timeout! Give me a break!
Himmelherrschaft, ich kann keine dieser Frage beantworten, stehe da so ahnungslos wie eine Kuh wenn´s blitzt und blöke leise wimmernd vor Verzweiflung um Gnade!
„Du, Julia, wie wär´s, wenn wir jetzt ein Spiel spielen?“, versuche ich mangels Inspiration hochgradig verunsichert ein bissl zu punkten.
„Geh, Tante Domo, ich hab gedacht, DU weißt das wenigstens, wenn mir das zu Hause schon keiner erklären kann!“
Schrecklich, ich kann mir mein Image als Tante wohl völlig in die Haare kleben ...
Als Julia abgeholt wird, bin ich ehrlich erleichtert, und googel gleich mal sicherheitshalber, wie denn jetzt der Mann ... äääh ... der Osterhase die Eier legt, die Zugehörigkeit der Rentiere zu Schornsteinen und die Verwandtschaftsverhältnisse damals in Bethlehem überhaupt und so ...
... denn beim nächsten Knochenkolloquium möchte ich nicht sooo blank rüberkommen bei meiner Nichte ...
        
aeskulap(at)aerzteverlag.at