< vorhergehender Beitrag

Äskulap, die Natter

Hochamt im Gourmet-Luxustempel


Es ergab sich, dass Äskulap an einem wunderbar frühlingshaften Sonntag zum Mittagessen in ein Wachauer Spitzen-Goldhauben-Zipfelmützen-Restaurant eingeladen war.
Schon bei der Anreise ins sonnige Marillenland lässt sich die christliche Vorfreude auf lukullische Gaumenfreuden nicht leugnen. Der Magen knurrt, der Motor auch und schon wähnt man sich im sonnigen Schanigarten, um in der angenehmen Frühlingssonne nett angedirndlt zu lunchen.
Allein, der Gastgarten, so wird mir salbungsvoll gepredigt, sei noch in Winterruhe. (???)
Äskulap spricht ihr Gebet ...
„Ja aber ein Aperitif geht schon draußen, oder?“
„Nein leiiider ...“
Äskulap übt sich in Demut ...
Oiso guat, man sitzt hoit drinnen, wo bei sakraler (?) Stille fast lautlos rundherum bereits diniert wird. Unsere gut gelaunte Ankunft stört ganz offensichtlich das eucharistische Moment der angrenzenden Tische massiv, sogar die entzückenden Kinder vom Nebentisch im adretten Sonntagsanzug heben ob unseres offensichtlich atheistischen Okkultismus die Augenbraue missbilligend.
Äskulap bleibt andächtig ...
Zum Aperitif wird umgehend ein Amuse-Bouche gereicht, Brot – selbstredend in der praktischen Hostien-Form – und noch nie gekostete Pasteten sagen dem ersten Hunger den biblischen Kreuzzug an. Das immediat darauf folgende Amuse-Gueule auf entzückenden Mini-Löffelchen verwirrt meine – zugegeben aufmüpfigen – Geschmacksnerven bereits leise... Und auch das Sorbet wollte ich eigentlich nicht haben... Die Speisekarte wird in Gebetsbuchform dargereicht und ich beginne mir meinen blonden Kopf über die Kommunionsabfolge zu zerbrechen:
- Aal an Rotkraut-Fenchel-Schaum ...
- Holunderblüte in Schalotten-Reduktion ...
Ois klass... da fehlen jetzt nur mehr Dinkelpops von der therapierten Sojabohne ...
Äskulap wird jetzt übermütig ...
... und fragt lachend beim Bestellen: „Gibt es auch eine Witzsuppe heute ...?“
Die angewiderte Blasiertheit der Weiß und Schwarz behandschuhten Ober kann dieser meiner Blasphemie zwar kaum standhalten, dennoch bleibt man bemüht und versucht bei meiner vorgebrachten Inspiration von der aphrodisischen Wirkung einer möglichen ... äääh Burenwurst ...? standhaft zu bleiben und dem Sündenfall LÄCHELN NICHT nachzugeben. Nun gut, man einigt sich besinnlich auf das getrüffelte Glücksschwein (oder so ähnlich...?) und fokussiert nun die Weinkarte.
Das önologische Glasschwenk-Brimborium gleicht einem Hochamt, allein es fehlt der Weihrauch. Also mir scheint ohne massiv-intravenösen Alkoholeinlauf dieser kirchliche Nahrungsaufnahmeakt kaum durchstehbar ... frei nach dem Motto: die letzte Ölung...
Äskulap lacht ...
Mein Gegenüber hat keine Wahl, ist schließlich von mir zum Heidentum bekehrt, konvertiert und lacht nun mit ... sein Glück aber auch. ;)
Das Dessert-Szenario ist für Domo nur mehr unter satanisch-karfreitäglichen Beschwörungsformeln zu ertragen. Unser Lachen stört leider das Gesamtkunstwerk Gourmet-Tempel ziemlich nachhaltig und die glückselige Ergriffenheit in den Augen der livrierten Ober, mit der wir – endlich! – die – schmerzhafte – Rechnung begleichen, lässt deutlich deren Mitleid angesichts unserer heidnischen Verwirrung erkennen.
Endlich erlöst vom letzten Abend-...äääh Mittagsmahl dann draußen in der herrlichen Wachauer Frühlingssonne...
...betet Äskulap inbrünstig und auf Knien:
„Lieber Gott, i hätt jetzt gern a glückliches Freilaufhendl im Bröselkleid und bitte deswegen um ABSOLUTION!“
        
aeskulap(at)aerzteverlag.at